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Die acht PKK-Kämpfer vor ihrem Aufbruch zur Grenze

Foto: Reuters/Cihan/Alihan Hasanoglu

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Ein Kurde in der südöstlichen Stadt Eruh tanzt anlässlich eines Festes zum 25. Jahrestag des Beginns des Aufstands der Kurden. Die Regierung in Ankara will den Kurden mehr Minderheitenrechte zugestehen.

Foto: Reuters/Murad Sezer

Kurdische Rebellenkämpfer sind nach einem Aufruf des inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan aus dem Nordirak in die Türkei zurückgekehrt. Sie wollen das Amnestiegesetz der türkischen Regierung testen.

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Mit einem "Friedensmarsch" vom Nordirak zur türkischen Grenze, testete gestern die kurdische Guerillaorganisation PKK die neue Kurdenpolitik der türkischen Regierung. Auf Anregung des inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalans machten sich insgesamt 34 Personen in drei Gruppen aus verschiedenen Gegenden des Nordirak zum Grenzübergang Habur auf, um sich dort der türkischen Staatsgewalt zu stellen. Bei den Personen handelt es sich nach Angaben der kurdischen Nachrichtenagentur Firat einmal um acht Kämpfer aus dem PKK-Hauptquartier in den Kandil-Bergen, um kurdische Flüchtlinge aus dem Lager Machmur, dem größten Flüchtlingslager im Nordirak, und um kurdische Exilanten aus Europa. Am Nachmittag überquerte die PKK-Delegation die Grenze und wurde dort von Freunden und der Polizei erwartet.

Empfang von Freunden

Seit dem frühen Morgen wartete eine große Menge kurdischer Sympathisanten am türkisch-irakischen Grenzübergang Habur auf die Abgesandten der PKK. Die gesamte Parteispitze der legalen kurdischen Partei der demokratischen Gesellschaft (DTP) war vertreten. In einer Rede warnte Parteichef Ahmet Türk die türkische Regierung, die Geste als Zeichen der Schwäche zu missverstehen. Man wolle vielmehr der seit einigen Wochen stockenden kurdischen Initiative der Regierung neuen Schwung verleihen. Mit den Sympathisanten warteten gestern auch zwei Staatsanwälte auf die PKK-Abgesandten, um sie in Empfang zu nehmen und zu befragen.

Nach einem vor längerer Zeit in Kraft getretenen Integrationsgesetz, können PKK-Angehörige, die sich den Behörden freiwillig stellen, straffrei ausgehen, wenn sie selbst sich an keinen bewaffneten Aktionen beteiligt haben.

Die DTP, die im Parlament vertreten ist und potenziell die Ansprechpartnerin der Regierung wäre, ist frustriert, weil Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan seinen Ankündigungen einer politischen Lösung der Kurdenfrage bislang noch keine Taten hat folgen lassen. Während Innenminister Besir Atalay in Gesprächen mit gesellschaftlichen Gruppen und anderen Parteien versucht, im Auftrag von Erdogan einen Konsens über eine neue Kurdenpolitik auszuloten, hat die DTP auf ihrem Parteitag vor zehn Tagen gefordert, dass die Verfassung geändert werden muss, um den Kurden einen gleichberechtigten Status einzuräumen. Außerdem drängt die DTP darauf, den inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan in den Verständigungsprozess miteinzubeziehen, was Erdogan vehement ablehnt. Eine so genannte Roadmap, die Öcalan im Gefängnis verfasst hat und in der er seine Vorstellungen über einen künftigen gemeinsamen türkisch-kurdischen Staat beschrieben hat, ist trotz heftiger Proteste vom Haftrichter bislang nicht zur Veröffentlichung freigegeben worden.

Opposition einbeziehen

Statt auf Öcalan zuzugehen, versucht Erdogan stattdessen, die Republikanische Volkspartei (CHP) als größte Oppositionspartei mit ins Boot zu holen und konkrete Angebote an die Kurden vorher mit CHP-Parteichef Deniz Baykal abzustimmen. Nach monatelanger Weigerung hat Baykal jetzt zugestimmt, sich mit Erdogan in dieser Woche zu treffen, allerdings nur, wenn das Gespräch von einer Videokamera aufgezeichnet würde.

Um die Kurden wegen Öcalan etwas ruhiger zu stellen, hat die Regierung angekündigt, man werde Öcalans Einzelhaft auf der Gefängnisinsel Imrali innerhalb der nächsten zehn Tage beenden und weitere Gefangene dorthin verlegen. Öcalan könnte dann stundenweise mit anderen Häftlingen Kontakt haben. (Jürgen Gottschlich aus Istanbul, DER STANDARD, Printausgabe, 21.10.2009)