Rom - In Italien macht nach der Aberkennung der strafrechtlichen Immunität von Ministerpräsident Silvio Berlusconi durch das Verfassungsgericht eine Spott-Reportage in dem von ihm kontrollierten Fernsehsender Canale 5 Schlagzeilen. Am Sonntag ergoss sich von allen Seiten Kritik über den am Donnerstag ausgestrahlten Beitrag. Darin wird der Mailänder Richter Raimondo Mesiano verhöhnt. In dem jahrzehntelangen Streit um die Kontrolle des Verlagshauses Mondadori hatte er Anfang Oktober in einem Zivilprozess Berlusconis Fininvest-Konzern zur Zahlung von 750 Millionen Euro an die Holding von Carlo de Benedetti verurteilt, dem Erzrivalen des Regierungschefs.

In der von einer Journalismus-Berufsanfängerin mit versteckter Kamera gedrehten Reportage ist der Richter beim Gang zum Friseur, beim Kettenrauchen und beim Sitzen auf einer Bank zu sehen. Zu den heimlich aufgenommenen Bildern liefert die bei Canale 5 mit einem befristeten Vertrag eingestellte 29-Jährige den Kommentar. Da ist die Rede vom "extravaganten" Verhalten des Richters, und es wird auf Mesianos türkisfarbene Socken in weißen Schuhen verwiesen.

Der 18 Jahre lang als Nachrichtenchef bei Canale 5 tätige Enrico Mentana, sagte der Zeitung "La Repubblica", der Beitrag habe "mit Journalismus nicht zu tun". Der Kandidat für den Vorsitz der oppositionellen Demokratischen Partei, Ignazio Marino, sprach von einer "schandhaften Vorgehensweise" und selbst Berlusconis Bündnispartner, der Minister für Vereinfachungen in der Gesetzgebung, Roberto Calderoli von der rassistischen Lega Nord, sprach von einem "Blödsinn" sondergleichen.

In seiner Urteilsbegründung hatte Richter Mesiano auf eine Mitverantwortung Berlusconis hingewiesen. 2007 hatte ein Gericht geurteilt, dass ein Richterspruch aus dem Jahr 1991, der Berlusconi Recht gab, "gekauft" worden war - wegen Verjährung wurde der Regierungschef jedoch nie dafür belangt. Berlusconi ist für seine Tiraden gegen die von ihm als "Rote" bezeichneten Mailänder Richter bekannt. (APA/AFP)