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Bereit: Benita Ferrero-Waldner.

Foto: Reuters

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Wien - Auf einmal sind alle voll des Lobes für Benita Ferrero-Waldner. Alle in der SPÖ. Das war nicht immer so. Im Frühjahr 2004, als Ferrero-Waldner in der Wahlauseinandersetzung mit Heinz Fischer unterlag und nicht erste Bundespräsidentin des Landes wurde, ließ sie ihren Gram an den "linken Emanzen" aus, die Parteitaktik über Geschlechtersolidarität gestellt hätten.

Da herrschte große Empörung. In der SPÖ. "Damit hat sich Ferrero-Waldner selbst entlarvt", schimpfte auch Barbara Prammer, damals SP-Frauenvorsitzende, seit diesem Wochenende Mitglied des roten Ferrero-Waldner-Fanklubs.

Ferrero-Waldner ist die Lieblingskandidatin von Bundeskanzler Werner Faymann. Allerdings nicht deshalb, weil sie als EU-Kommissarin auch die letzten Kritiker in der SPÖ überzeugt hätte oder gar weil sie eine Frau ist. Es geht darum, Wilhelm Molterer zu verhindern. In dieser Verhinderungstaktik steckt natürlich auch ein Fünkchen Bösartigkeit drin. Dem Vizekanzler eines auswischen. Die SPÖ tut sich mit dem Lieblingskandidaten von Josef Pröll aber tatsächlich schwer. Nicht nur weil sie ihn als Finanzminister für die Milliardenverluste der staatseigenen Bundesfinanzierungsagentur verantwortlich macht. Molterer habe sich im Zuge dieser Spekulationen nicht mit Ruhm bekleckert, heißt es seit dem Sommer.

Noch viel mehr trägt man Molterer in der SPÖ allerdings nach, dass er in der Koalition mit Alfred Gusenbauer Kampflinie gefahren ist und alles unternommen hat, um der SPÖ zu schaden. Höhepunkt der schwarzen "Blockadepolitik" waren schließlich die Worte "Meine Damen und Herren, es reicht", mit denen Molterer die Koalition aufkündigte.

Molterer jetzt zum EU-Kommissar zu machen ist für Faymann mehr als unangenehm. Auch weil er gehörigen Druck von den eigenen Leuten bekommt. Bereits im Sommer war bei Faymann ein Wechsel in der Kommunikation zu diesem Thema zu bemerken. Hatte er bis dahin der ÖVP zugestanden, den österreichischen EU-Kommissar bestimmen zu können, betonte Faymann plötzlich, dass die ÖVP nur ein "Vorschlagsrecht" habe. Was heißen soll, dass letztlich der Kanzler entscheidet.

Pröll selbst sieht das anders, er beruft sich auf eine mündliche Vereinbarung mit Faymann. Und Prölls Lieblingskandidat heißt Molterer. Tatsächlich dürfte es der SPÖ schwerfallen, gegen Molterer zu argumentieren, wenn Österreich mit ihm die Chance hätte, das Agrarressort zu übernehmen. Dass die SPÖ kein Interesse daran hat, dass sich ein Schwarzer in einem bedeutenden Ressort profiliert, kann sie kaum offen argumentieren. Faymann wäre jedenfalls mit einem Pipifax-Ressort für Ferrero-Waldner zufrieden.

Dass die ÖVP nun wieder auch Ursula Plassnik als Kandidatin ins Spiel bringt, lässt wiederum ein Stück Boshaftigkeit vermuten. Mit Plassnik könnte die SPÖ gleich schlecht wie mit Molterer, wenn nicht schlechter. Plassnik hatte aus ihrer Verachtung für die SPÖ auch als Regierungsmitglied kaum ein Hehl gemacht. Außerdem würde Hans Dichand toben. Plassnik hatte ihre Feindschaft mit der Kronen Zeitung regelrecht kultiviert. Und sich den Zorn Dichands zuzuziehen, das mag auch Josef Pröll nicht. Und Werner Faymann hielte das gar nicht aus. (Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 19.10.2009)