Foto: DER STANDARD

Kaum ein Fotograf hat das Bild des kollektiven Bewusstseins von modischer Eleganz und Opulenz mehr geprägt als Richard Avedon. (1923-2004) Der Amerikaner wiederum war immens von Intensität und Charisma der französischen Metropole inspiriert. Bis heute gelten seine visionären, unkonventionellen Modestrecken als Referenz und Benchmark. Er verzichtete auf die Künstlichkeit des Studios, setzte Models, Couturiers und deren Mode kontroversiell in Interaktion zur Realität. Inmitten zirzensischer Sequenzen, im Kontrapunkt zu erotischen Sets von Varietés, wirkten die eleganten Roben von Chloé, Dior, Chanel et alii noch intensiver. Avedons Opus, seine kreative Bildsprache, wie auch sein Verdienst, Modefotografie als eigenes Metier zur Kunst erhoben zu haben, wird in der retrospektiven Monografie Fashion 1944-2000 eindrucksvoll demonstriert.

Als Instanz in Bezug auf Stil, Charme, Ästhetik und Disziplin gilt Mademoiselle Coco Chanel. Selten intime Porträts der als Gabrielle Bonheur Chasnel geborenen Grande Dame der Haute Couture gelangen dem amerikanischen Fotografen Douglas Kirkland. Die aus dem Jahr 1962 stammenden Fotos dokumentieren die stilprägende Persönlichkeit am Zenit ihres Schaffens, in ihrem Pariser Salon, beim Entwerfen ihrer Kreationen, beim Vorbereiten der Präsentation, vor und hinter den Kulissen. Ihr persönliches Streben nach Perfektion, die auch anderen abverlangte Disziplin, ihre Selbstbeherrschung, ihre subjektive Wahrheit und Direktheit vermittelt aber auch ihre hemmungslos passionierte Hingabe an ihre professionelle Berufung.

Von exaltierter Exzentrik, von subjektiver Wahrheit, sehr direkter Ehrlichkeit geprägt ist Coco Chanels legitimer Nachfolger Karl Lagerfeld. Die Ikone der Modewelt gewährt, aufgezeichnet vom Journalisten Paul Sahner, in lapidarem Plauderton, Einblicke in sein Œuvre, seine Gedankenwelt. Amüsant das Porträt, leicht despektierlich der (schlichte) Titel: Karl. Der Protagonist ist kein Orakel, sondern ein von charismatischer Klarheit, Neugier, Disziplin, omnipotentem Allgemeinwissen, Omnipräsenz, faszinierender Eloquenz, Subjektivität, grandioser Besessenheit beseelter Künstler. Von Kritikern oft als zynisch und präpotent apostrophiert, wird er von Connaisseuren als grandioser Ästhet geschätzt. Chacun à son goût. (Gregor Auenhammer, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 17./18.10.2009)