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Bisphenol A fand sich nicht nur in den Schnullern selbst, sondern gelangte auch in den Speichel

Foto: APA/dpa/Rolf Vennenbernd

Wien - Bisphenol A (BPA) ist nicht nur im Material von Babyschnullern zu finden, es löst sich auch im Speichel. Die bedenkliche, hormonell wirksame Substanz kann so in den Organismus gelangen. Das sind die am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien präsentierten Ergebnisse von mehreren von Global 2000 beauftragten Studien. Vertreter der Umweltorganisation appellierten an Hersteller, Handel und Behörden, den Missstand unverzüglich abzustellen. Andreas Lischka, Vorstand der Kinderklinik Glanzing, sieht angesichts der Ergebnisse ebenfalls dringenden Handlungsbedarf

Hohe BPA-Werte in getesteten Schnullern

Bereits vor zwei Wochen hat Helmut Burtscher von Global 2000 Details der von einem unabhängigen Labor durchgeführten Untersuchung präsentiert. Demnach fanden sich in allen von zehn getesteten Schnullern mehr oder weniger hohe Werte von BPA in den Schnullern (derStandard.at berichtete). Die Hersteller hatten in Reaktionen mögliche Gesundheitsgefährdungen durch ihre Schnuller zurückgewiesen, zumal der Gesamtgehalt von BPA im Material keine Aussagen zulasse, inwieweit die Substanz aus dem Plastik austreten könne.

Speichel löst Substanz

Dieses Argument sieht Burtscher durch die nun präsentierte Zusatzuntersuchung widerlegt. Dabei wurden sechs der Schnuller unter kontrollierten Bedingungen im Labor für eine Stunde in eine speichelähnliche Salzlösung gelegt und diese anschließend - als sogenanntes Eluat - auf den Gehalt an BPA analysiert. Die Ergebnisse sind für Burtscher eindeutig, die Substanz findet sich nicht nur in den Schnullern selbst, sie geht auch in Lösung. "Dabei sind die Bedingungen im Labor eigentlich noch viel milder als in einem Babymund", so der Global-Chemiker. Ein Kind würde den Schnuller nicht nur in den Mund stecken, sondern auch noch mehr oder weniger heftig daran saugen und darauf herumkauen.

Wie schon in der vorigen Untersuchung stellte sich ein Schnuller namens "MAM" als der unbedenklichste heraus. Im Labor konnte nur für dieses eine Produkt kein BPA in der Lösung nachgewiesen werden, wobei die Nachweisgrenze bei 0,1 Mikrogramm pro Liter lag. Bei allen anderen Schnullern ging ein Teil der Substanz in Lösung, sie enthielt zwischen 0,18 und 9,57 Mikrogramm pro Liter.

Für die Experten überraschend war der Umstand, dass ein zuvoriges Auskochen des Schnullers - wie von den Herstellung vor der ersten Verwendung empfohlen - das Einwandern von BPA vom Schnuller in die künstliche Speichellösung merkbar erhöhte.

Bisphenol A in geringen Dosen schädlich

BPA ist laut Global ein Stoff, der in das Hormonsystem von Menschen und Tieren eingreift und daher schon in geringsten Dosen schädliche Wirkungen haben kann. Laut Studien könnten derartige Hormonstörungen etwa zu verfrühter Geschlechtsreife bei Mädchen, einer Zunahme von Fettleibigkeit bei Erwachsenen und Jugendlichen, verringerter Fruchtbarkeit bei Männern und zu Krankheiten bis zu Krebs führen. Kinder seien dabei besonders gefährdet.

Hersteller dementiert

Der Schnullerhersteller NUK wehrt sich gegen die erhobene Vorwürfe und legte ein eigenes Gegengutachten vor. NUK Babyschnuller seien sicher, eine "Migration von BPA" - also eine Lösung im Speichel - werde ausgeschlossen, hieß es in einer Aussendung. Eltern in Deutschland und Österreich seien "nach irreführenden Meldungen der Umweltorganisationen zu Bisphenol-A in Babyschnullern stark verunsichert". Dieser Tatsache habe sich NUK bereits zu Wochenbeginn gestellt und auf der Website "http://www.nuk.de" bekannt gegeben, dass man für die betroffenen Babyschnuller auf einen BPA-freien Kunststoff wechsle. Zukünftig würden alle BPA-freien NUK Schnuller vor der Auslieferung als "BPA-free" gekennzeichnet.

Gutachten und Gegengutachten

Global 2000 hatte ein Gutachten von "Chemcon Technisches Büro für technische Chemie" in Wien vorgelegt, wonach ein NUK Schnuller - wie auch vier andere Sauger - nach einer Stunde in einer speichelähnlichen Salzlösung BPA freigesetzt habe. Die Werte in der Salzlösung betrugen demnach 0,61 bzw. nach Auskochen 2,22 Mikrogramm BPA pro Liter. Als Gegengutachten legte NUK Prüfungen des Labors "SGS Institut Fresenius" vor, wonach der Schnuller kein BPA freisetze. Die Nachweisgrenze des Tests von dem vom Unternehmen beauftragten Labor wird allerdings mit 3 Mikrogramm pro Liter angegeben. (APA)