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Nachbildungen der "Mona Lisa" - Leonardo da Vincis weltberühmtes Ölgemaelde soll nicht die Florentiner Kaufmannsgattin Lisa del Giocondo zeigen.

Foto: AP/Luis Benavides

München - Wieder einmal mehr gerät die Identität des Modells für das wohl berühmteste Gemälde der Welt in Zweifel: Leonardo da Vincis "Mona Lisa" zeigt einem italienischen Wissenschafter zufolge doch nicht die Florentiner Kaufmannsgattin Lisa del Giocondo. Der Historiker Roberto Zapperi bezeichnet das im Interview der "Süddeutschen Zeitung" als ausgeschlossen. Da Vinci selbst habe gegenüber einem Augenzeugen den Auftraggeber des Bildes, Giuliano de Medici, einen Bruder von Papst Leo X., genannt. Dieser aber habe die Seidenhändlergattin Lisa del Giocondo nicht gekannt, die bisher gemeinhin als Modell des Werks gilt.

Zapperi hat demnach anhand neuer Dokumente das gesamte Umfeld des Auftraggebers und die wahrscheinliche Entstehungsgeschichte des Gemäldes recherchiert. Demnach sei die einzige Frau, die als Vorbild des Gemäldes in Frage kommt, die - ebenfalls in diesem Zusammenhang schon oft genannte - Pacifica Brandani aus Urbino, schreibt die Zeitung. Sie war eine Geliebte Giuliano de Medicis und Mutter seines unehelichen Sohnes Ippolito, nach dessen Geburt 1511 sie gestorben sei.

Ein Erinnerungsbild

Das Gemälde wäre demnach ein Erinnerungsbild an die tote Mutter für den kleinen Buben. Der Auftraggeber habe dem Künstler freie Hand gelassen. "Er durfte die Mutterfigur seiner Fantasie malen." Da Vinci habe wahrscheinlich nichts Konkretes über Pacifica Brandani gewusst "und reimte sich ihre Identität zusammen", meinte der Historiker. Da Giuliano de Medici sich stets mit Menschen aus Florenz umgeben habe, habe die Annahme wohl nahe gelegen, auch die Porträtierte komme aus dieser Stadt.

Weil Medici bereits 1516 starb und der kleine Ippolito damals erst vier Jahre alt gewesen sei, habe da Vinci das Bild schließlich selbst behalten und es mit nach Frankreich genommen, erklärte Zapperi weiter. Dass sich die Annahme durchgesetzt habe, auf dem Bild sei die Florentiner Seidenhändlergattin Lisa del Giocondo zu sehen, habe mit der Darstellung des Kunstschriftstellers Giorgio Vasari und dessen "Übermacht" zu tun, sagte der Historiker. Da Vinci habe aber tatsächlich einmal angefangen, die Kaufmannsgattin Mona Lisa zu malen, - "als er gerade Geld brauchte und ausnahmsweise bereit war, auch einen unbedeutenden Auftrag anzunehmen", sagte Zapperi.

Davon werde Vasari wohl gehört haben und die Porträts der beiden Frauen dann in seiner Erzählung vermischt haben. "Das war sein Irrtum", meinte Zapperi. "Was aus dem Kopf der Mona Lisa wurde, weiß ich nicht", sagte der Historiker weiter. "Leonardo verlor wohl die Lust, denn er händigte ihn nie dem Seidenhändler aus."

Benennung

Da es sich um ein Idealporträt handle, empfahl der Renaissanceforscher Zapperi, das Gemälde künftig wie im Italienischen "La Gioconda" zu nennen. Dieser Name sei schon von einem Leonardoschüler verwendet worden. Er bedeutet so viel wie "Die Heitere" - ­ möglicherweise deshalb, weil das Gemälde den kleinen Ippolito de Medici nach dem Verlust seiner Mutter aufheitern sollte. Den Namen "Mona Lisa" führte Vasari im 16. Jahrhundert ein, wobei es bei Vasari noch "Monna" hieß, als Abkürzung für Madonna, Frau. Vasari ist Leonardo höchstwahrscheinlich nie begegnet, er war bei dessen Tod gerade sieben Jahre alt.

Hintergrund

Vor knapp zwei Jahren hatte - wie berichtet - der Direktor der Heidelberger Universitätsbibliothek, Veit Probst, die Identität der "Mona Lisa" als definitiv geklärt gesehen. Auf dem berühmtesten Gemälde der Welt sei "eindeutig" die Florentiner Kaufmannsgattin Lisa del Gioconda zu sehen, so Probst. Der frühere Leiter der Handschriftenabteilung der Heidelberger Unibibliothek habe nämlich in einem sogenannten Wiegendruck - das sind die frühesten Drucke - eine entsprechende Randbemerkung des Besitzers "mit der handschriftlichen Anmerkung zur Identität" der Mona Lisa entdeckt. (APA/AP/red)