Es hätte eine Überraschung sein können: Seit Monaten ringen die Koalitionspartner um ein neues ORF-Gesetz und können sich nicht einmal auf ein kleinstes Gemeinsames einigen. In diese Endlosdebatte mischen sich die Frauenpolitikerinnen von SPÖ und ÖVP und sind sich ohne großes Getöse einig. Einfach so hätte man die gemeinsame Linie als Fortschritt verbuchen und als Ergebnis produktiver Regierungsarbeit verkaufen können.

Hätte. Könnte. Wenn man wollte.

Sicher keine Quote werde es im ORF-Gesetz geben, blamierte VP-Klubobmann Karlheinz Kopf umgehend und in allerbester Macho-Manier seine Kollegin Christine Marek und setzte die Diskussion wieder ans bekannte "Zurück zum Start"-Feld. Blamabel auch die Position des Generaldirektors: Die von Alexander Wrabetz stolz verkündete bereits "gelebte" Frauenquote im ORF bedeutet in Wahrheit, dass Frauen zwar im Bild oder am Mikrofon sind, Männer aber die Fäden ziehen. Das ist so raffiniert wie hinterhältig: Optisch oder akustisch sind Frauen in TV und Radio tatsächlich präsenter denn je. Die Entscheidungen machen die ORF-Herren jedoch nach wie vor unter sich aus.

Die Frauen beim Journalistinnenkongress bejubelten die Botschaft von der Quote. Bei allem Respekt: Noch wichtiger wäre "gelebte" Entparteipolitisierung. Sollte sich - was zu erwarten ist - auch die Frauenquote an die Parteizugehörigkeit knüpfen, bleibt das hehre Streben nach Gleichstellung sinnleerer Formalismus. Das hilft weder Frauen noch ORF. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 15.10.2009)