Die Söhne türkischer, ägyptischer oder afghanischer Einwanderer in Reih und Glied mit gebürtigen Österreichern.

Foto: Kremmel/derStandard.at

Hassanein Abd-Alla sperrt die Tür zum Gebetsraum auf: Fünfmal am Tag versammeln sich hier die muslimischen Rekruten zum Gebet.

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Der Gebetsraum - "Wie in einer echten Moschee", so Hassanein Abd-Alla.

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Integration leicht gemacht? Man nehme eine Kaserne, drei Züge, einen Kommandanten, verschiedene Glaubensrichtungen und drapiere um all das ein Ziel, Regeln und Konsequenzen. Denn in der Maria-Theresien-Kaserne im 13. Wiener Gemeindebezirk scheint zu funktionieren, was die heimische Politik und deren Wähler vor Probleme stellt. Während die Diskussion um eine funktionierende Integration Österreich in den kommenden Jahre mehr denn je fordern wird, stehen die Söhne türkischer, ägyptischer oder afghanischer Einwanderer seit geraumer Zeit ganz selbstverständlich in Reih und Glied mit gebürtigen Österreichern.

Von 14.646 Grundwehrdienern sind momentan rund 660 Muslime - Sie bilden mittlerweile die zweitgrößte Glaubensgemeinschaft im Heer, nach der katholischen und vor der evangelischen. In der Garde, dem Aushängeschild des Bundesheeres liegt ihr Anteil bei über vierzig Prozent.

Regeln gelten für alle

"Was zählt ist, dass man unter Kameraden ist", sagt Hamza Hassanein Abd-Alla, Grundwehrdiener, auserkorener Sprecher der in der Maria-Theresien-Kaserne ansässigen Muslime, gebürtiger Ägypter, strenggläubiger Moslem, österreichischer Staatsbürger. "Man wird hier nicht wegen seiner Religion oder Herkunft ausgegrenzt. Alle haben sich an dieselben Regeln zu halten", sagt er. So sieht das auch der stellvertretende Kommandant der Garde, Thomas Güttersberger: "Wenn man hier die Grenze überschreitet, hat das für jeden Konsequenzen, egal ob es mich betrifft, einen Grundwehrdiener oder den Oberst", sagt er. Da sei die Herkunft irrelevant. Ohne Regeln kann das System Militär nicht funktionieren und ohne Regeln kann Integration auch im zivilen Bereich nicht funktionieren, gibt er sich überzeugt. "Es ist wichtig, dass man sich in einem definierten Bereich bewegt. Mit Befehlen ist vieles natürlich leichter. Aber Voraussetzung ist in jedem Fall, dass beide Seiten mitziehen."

Tatsächlich scheint es so, als hätte man hier etwas entdeckt. Selbst Norbert Darabos, Verteidigungs- und Sportminister und nebenbei damit beschäftigt das Integrationspapier der SPÖ auszuarbeiten, dass die künftige Linie in Bezug auf Zuwanderung festlegen soll, sagt zu derStandard.at: "Eine Armee mit ihren klaren hierarchischen Strukturen und ihrer Befehlsordnung ist eine spezielle Organisationseinheit. Aber von der Grundphilosophie kann man lernen." Und zwar: "Gutes Zusammenleben funktioniert dann, wenn von allen bestimmte Normen eingehalten und gleichzeitig Toleranz und gegenseitiger Respekt gelebt werden."

Parteien suchen den richtigen Weg

Rechte Parolen, linke Menschlichkeit, rote Integrationspapiere oder schwarze "Eiserne Lady": Einen Weg, mit der bleibenden Zuwanderung nach Österreich umzugehen, haben die politischen Parteien des Landes noch nicht gefunden.

Die Rekruten juckt das wenig. "Bei uns ist das kein großes Thema", sagt Hassanein Abd-Alla."Es ist wichtig, dass sich bei beiden Seiten niemand verschließt", sagt der 18-Jährige. "Dann findet man schon einen Weg." Seit 2004 verfügt die muslimische Gemeinschaft der Maria-Theresien-Kaserne über den europaweit einzigen Gebetsraum. Fünfmal am Tag wird für je etwa 25 Minuten gebetet, die Zeiten sind mit den Ausbildnern abgesprochen. "Man kann das zwar nicht auf die Minute genau bestimmen, aber da kommen wir dann auch entgegen. Wenn es gerade gar nicht möglich ist, gehen wir eben ein paar Minuten später", sagt Hassanein Abd-Alla. Von den anderen Soldaten sei er deswegen noch nie blöd angesprochen worden. Die seien eher interessiert, sagt er. Als sie beim Ramadan vier Wochen durch um vier Uhr früh aufgestanden, gebetet und bis zum Sonnenuntergang nichts gegessen hatten, hätte das unter den Kollegen eher zu Respektsbekundungen geführt.

In der Kantine wird Kost ohne Schweinefleisch angeboten und für den einen Soldaten, der dem jüdischen Glauben angehört, koscheres Essen. Wer von der islamischen Glaubensgemeinschaft als praktizierender Muslim ausgewiesen ist, darf seine volle Gescihtsbehaarung behalten; mit einer Bestätigung wird man an islamischen Feiertagen frei gestellt.

"Im Bundesheer wird Integration gelebt", sagt Darabos. "Es zeigt, dass Integration mit Ordnung und mit bestimmten Regeln auf der Basis gegenseitigen Respekts funktioniert." (saju, krm, derStandard.at, 18.10.2009)