Bild nicht mehr verfügbar.

Erstmals bietet Wien eine Weiterbildung für Imame - inklusive Sprachtraining

Foto: REUTERS/Krishnendu Halder

Im Hauptberuf Student, im Nebenberuf Imam: Kenan Čorbić

Foto: derStandard.at/Sterkl

Will sich für Arbeit mit Kindern an der Uni schulen lassen: Tuba Batalar

Foto: derStandard.at/Sterkl

"Jetzt kann niemand mehr sagen, dass sich Imame nicht integrieren wollen", glaubt Ednan Aslan. Der Leiter des Uni-Lehrgangs "Muslime in Europa" ist selbst überrascht, wie viele Imame und muslimische SeelsorgerInnen sich für den Studiengang interessieren: 61 Anmeldungen gab es, "ich hätte mit höchstens zwanzig gerechnet", sagt Aslan.

Auch Christentum wird gelehrt

Es ist die erste maßgeschneiderte Uni-Weiterbildung für Imame in Österreich, die am 20. November an der Uni Wien starten wird. Ziel ist nicht die theologische Ausbildung der Prediger, sondern eine Schulung in "österreichischen Strukturen und den Grundwerten der Gesellschaft". Menschenrechte, die Trennung von Kirche und Staat und die Gleichstellung von Frau und Mann seien wichtige Aspekte der Schulung. Auch katholische und evangelische Glaubenslehre sind Teil des Curriculums: "Es ist wichtig für Imame, den Glauben der Mehrheit zu kennen", erklärt Aslan. Ziel des Lehrgangs sei auch, Ängste zu entkräften: "Viele Imame befürchten, die Mehrheitsgesellschaft wolle sie über Nacht säkularisieren."

Deutsches Sprachtraining

30 Plätze stehen zur Verfügung. Teilnehmen können nur jene, die bereits eine Ausbildung zum Imam oder zum/zur SeelsorgerIn abgeschlossen haben. Eine geregelte Ausbildung zum Imam gibt es in Österreich nicht, somit kommt der überwiegende Teil der Imame aus dem Ausland. Entsprechend schlecht sind die Deutschkenntnisse vieler Prediger. Zum Lehrgang werden zwar ohnehin nur jene zugelassen, die zumindest in der Mittelstufe der deutschen Sprache geprüft sind, doch steht den Teilnehmenden ein begleitendes Sprachtraining offen, "falls die Prüfung schon länger zurück liegt", so Aslan.

"Oberlehrer nicht willkommen"

Bevorzugt werden Imame mit einem Uni-Abschluss in Islamischer Theologie, doch werden über eine Sonderregelung auch SeelsorgerInnen ohne akademischen Titel zum Lehrgang zugelassen. "Es gibt viele Imame ohne akademischen Abschluss", erklärt Aslan, "es ist in unserem Interesse, auch sie zu gewinnen". Dezidiert "nicht willkommen" seien jedoch "Oberlehrer, die Europa missionieren wollen und erklären, was in Österreich alles falsch läuft", sagt Aslan.

"Für die Rechte der Imame"

Auch Kenan Čorbić hat keinen Uni-Abschluss. Der Bosnier kam mit einem Studienvisum nach Wien, nun studiert er Islamische Religionspädagogik, verdingt sich nebenbei als Imam in Mistelbach, und bewarb sich auch für den Imame-Lehrgang. "Ich will etwas in die richtige Richtung bewegen", beschreibt er seine Motivation. "Ich will, dass sich der Islam nach außen öffnet." Zudem möchte er etwas "für die Rechte der Imame" tun: "Du kannst seit zwanzig Jahren Imam in Österreich sein, aber musst trotzdem jedes Jahr Angst um dein Visum haben. Wie soll man sich da je zuhause fühlen?", fragt Čorbić.

Zur Erklärung: Zugewanderte Imame haben in Österreich einen eigenen Aufenthaltsstatus, der von ihrer Tätigkeit als Prediger abhängt. "Wer bei der eigenen Gemeinde in Ungnade gerät, verliert nicht nur seinen Job, sondern seine ganze Familie verliert die Zukunft in Österreich. Das ist absolut integrationsfeindlich", kritisiert auch Aslan. Er wünscht sich vom Innenministerium eine Anerkennung zumindest für die AbsolventInnen des Lehrgangs - in Form einer berufsunabhängigen Niederlassungsberechtigung.

Kinder stellen "viele Fragen"

Tuba Baltalar studiert Bildungswissenschaft und Betriebswirtschaft, ihre Wochenenden verbringt sie damit, Kindern in einer Wiener Moschee "zu zeigen, wie man gut lebt". Da die Kinder "viele Fragen stellen", die sie nicht immer beantworten kann, lässt auch sie sich universitär schulen. Auch nach dem Uni-Abschluss will sie Kinder-Seelsorgerin bleiben. Dass sie als Frau in keiner Moschee predigen darf, stört sie nicht: "Ich habe kein Interesse und kein Talent dafür." Aslan sieht die Öffnung für weibliche Imame nur als Frage der Zeit: "Das Judentum ist uns mit den Rabbinerinnen da einen Schritt voraus. Aber der Islam ist ja auch jünger."

Der Lehrgang hat zwar noch nicht begonnen. Einen konkreten Vorsatz hat Kenan Čorbić jedoch schon, was die Zeit nach dem Abschluss betrifft. Zurzeit predigt er auf Bosnisch. "Später will ich es auch auf Deutsch tun." (Maria Sterkl, derStandard.at, 15.10.2009)