Frankfurt/Main  - Etwa 40.000 Arten von "echten Spinnen" (Araneae) sind bislang bekannt - und eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind Raubtiere; ihre Jagd- und Fangmethoden zählen dabei zu den raffiniertesten im gesamten Tierreich. Doch nun entdeckten Forscher im Dschungel von Mittelamerika eine Spezies, die aus der Reihe tanzt: Bagheera kiplingi, benannt nach dem schwarzen Panther aus Rudyard Kiplings berühmtem "Dschungelbuch".

Christopher Meehan von der US-Universität Villanova beobachtete die Tiere in Südmexiko und analysierte zudem ihr Körpergewebe. "Selbst bei konservativster Schätzung deutet alles auf eine fast ausschließlich vegetarische Ernährung hin", so Meehan. Abgesehen hat Bagheera es speziell auf die sogenannten Belt'schen Körperchen auf den Blattspitzen von Akazien. Diese gehaltvollen Futterkörbe dienen eigentlich als Belohnung für jene Ameisen, mit denen die Akazien in Symbiose leben und die die Pflanzen vor Feinden schützen sollen. Diese Belt'schen Körperchen stellen 90 Prozent der Spinnenkost, wie Meehan im Fachblatt "Current Biology" berichtet.

Foto: R. L. Curry

Um an die begehrte Nahrung zu gelangen, übertrumpft die Spinne die Ameisenwächter mit ihrer Schnelligkeit - und sichert sich außerdem noch eine kleine Fleischbeilage (viele menschliche "Vegetarier" nehmen's mit ihrer Selbstbezeichnung ja auch nicht so genau; Stichwort: Fisch). Der kleine Restposten an tierischer Nahrung, den die Spinne zu sich nimmt, besteht aus den Larven dieser glücklosen Pflanzenwächter.

Die pflanzliche Ernährung geht aber noch mit zwei weiteren für Spinnen höchst ungewöhnlichen Eigenschaften einher: Während alle anderen Spinnen ihre Beute außerhalb des Körpers verdauen und dann die Nährflüssigkeit aufnehmen, verzehrt Bagheera die pflanzlichen Fasern der Belt'schen Körperchen in fester Form. Und noch überraschender ist die zweite Entdeckung der Forscher: Sie haben Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die männlichen Tiere bei der Pflege der Eier und der Jungspinnen aushelfen. Möglicherweise, so die Wissenschafter, habe die untypische Pflanzenkost die soziale Entwicklung der Tiere beeinflusst. (APA/red)

Abstract
Current Biology: "Herbivory in a spider through exploitation of an ant-plant mutualism"

Foto: R. L. Curry