Dubrovnik  - Eine Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) zahlt sich im Frühstadium und somit am Beginn der Erkrankung aus, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dann sind die derzeit vorhandenen Therapeutika auch am wirksamsten. Dies erklärte der Innsbrucker Experte Thomas Berger (Universitätsklinik für Neurologie) bei einem Journalistenseminar in Dubrovnik in Kroatien.

Invaliditätsrisiko

"Weltweit leiden rund 2,5 Millionen Menschen an MS. In Österreich sind etwa 10.000 Menschen betroffen. Die ersten Symptome treten zumeist zwischen 20 und 30 Jahren auf. Zwar wirkt sich das nicht auf die Lebenserwartung aus, doch die Patienten haben 50 bis 60 Jahre ein Invaliditätsrisiko", sagte der Experte.

Erste Anzeichen der Krankheit

In 33 bis 42 Prozent der Fälle sind die ersten Anzeichen Gefühlsstörungen, in 20 bis 37 Prozent der Fälle Sehstörungen. Oft verschwinden diese Symptome wieder. Es kann dann mitunter auch Jahre dauern, bis mit einem Wiederauftreten das Vollbild der Erkrankung entstanden ist. Der Neurologe: "90 Prozent der Patienten kommen in einen schubförmigen Verlauf. Je länger die Krankheit, desto mehr erfolgt eine Akkumulierung von Schäden. Meistens ist es Invalidität, was das Gehvermögen betrifft."

Mit dieser Entwicklung geht auch offenbar eine Veränderung der hinter der MS steckenden Mechanismen einher. Berger: "Am Anfang steht die Entzündung (in Gehirn und Rückenmark, Anm.) im Vordergrund." Dadurch kommt es zum Abbau "Isolierschicht" rund um die Nervenzellfortsätze. In weiterer Folge bildet sich Narbengewebe. Der Neurologe: "Diese Schäden sind dann nicht mehr reversibel."

Änderungen in Diagnose und Therapie

In den vergangenen 15 Jahren haben sich in Diagnose und Therapie wesentliche Veränderungen ergeben. Magnetresonanz-Computertomographie und Labordiagnostik lassen ein genaueres Abschätzen des Risikos nach ersten Symptomen zu. Mit den Beta-Interferonen und der Substanz Glatirameracetat wurden die ersten immunmodulierenden Medikamente eingesetzt. Seit 2006 gibt es auch noch monoklonale Antikörper (Natalizumab). Man versucht mit diesen Mitteln, weitere akute Schübe zu verhindern.

Durch die immunmodulatorische Therapie lassen sich jedenfalls klar belegbare und langfristig positive Effekte erzielen. "Wir betreuen in Innsbruck beispielsweise zehn Patienten, die wir mit dem monoklonalen Antikörper behandeln und die seit 24 Monaten krankheitsfrei sind", so der Innsbrucker Neurologe. Die Therapie kann einerseits den Krankheitsverlauf dämpfen, andererseits soll das die Betroffenen länger vor bleibender Invalidität schützen.

Krankheit im Frühstadium stoppen

Berger: "Das beste, was wir tun können, ist es, die Krankheit am Beginn zu stoppen. Das heißt aber nicht, dass wir Personen mit ersten Krankheitserscheinungen reflexartig behandeln." Klinisches Bild, MR und Labor sowie Ausschluss aller anderen möglichen Ursachen führen dann zur Entscheidung für oder gegen eine langfristige Therapie.

Von den in Österreich für diese Medikamente infrage kommenden MS-Patienten sind derzeit rund 3.500 in Behandlung. 1.500 bis 2.000 weitere könnten davon profitieren. (APA)