Leoben - Ein 55-jähriger Obersteirer wurde am Mittwoch im Landesgericht Leoben wegen einer vorgetäuschten Geiselnahme für nicht zurechnungsfähig erklärt und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Der Mann hat im Februar 20 Stunden lang die Exekutive in Atem gehalten weil er behauptete, eine Frau in seiner Gewalt zu haben. Außerdem drohte er, das Haus in die Luft zu sprengen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Auslöser: Klage wegen offener Stromrechnung

Zwei Tage lang musste sich der Steirer vor einem Geschworenensenat (Vorsitz: Peter Wilhelm) verantworten. Der Auslöser für die Tat des Mannes war laut Staatsanwältin ein Vorfall im Jahr 2002, als der Obersteirer von den Stadtwerken wegen einer offenen Stromrechnung geklagt und schließlich zur Zahlung verurteilt wurde. Von da an gab er keine Ruhe mehr, bombardierte alle möglichen Personen unter anderem aus Justiz und Politik mit Briefen. Er ortete eine massive Verschwörung gegen sich.

Geisel-Aktion nach Vorladung geplant

Eigentlich habe er die Geisel-Aktion erst für den Sommer geplant, aber eine Vorladung bei der Polizei am 16. Februar war dann der Auslöser. Er ging er in seine Wohnung in St. Marein im Mürztal und rief verschiedene Leute an, um ihnen mitzuteilen, dass das Haus möglicherweise in die Luft fliegen würde und er eine deutsche Autostopperin als Geisel habe. Unter anderem musste daraufhin ein benachbartes Altersheim evakuiert werden.

Bei den Telefonaten erzählte der vermeintliche Geiselnehmer von sich erklärte der Leiter der Verhandlungsgruppe, Herbert Fuik: "Er hat gesagt, dass er ungerecht behandelt wurde." Die Äußerungen, dass er Propangasflaschen und ähnliche Gasbehälter habe, "haben wir schon ernst genommen", meinte Fuik. Trotzdem rüstete sich die Cobra nach rund 20 Stunden zum Sturm, was der Angeklagte bemerkt haben will. Er verbarrikadierte die Türe mit einer selbst gebastelten Lanze. "Es war wie ein Erdbeben, ich hab' ein Vaterunser gebetet, es war sehr hart, ich hatte Todesangst." schilderte er das Eindringen der Spezialeinheit.

Persönlichkeitsstörung

Der psychiatrische Gutachter Manfred Walzl bescheinigte dem Angeklagten eine "ausgeprägte paranoide Persönlichkeitsstörung". Das wollte der Beschuldigte nicht auf sich sitzen lasse und rief dazwischen: "Es ist eine Frechheit, was ich hier anhören muss". Nachdem ihn der Richter verwarnte, fuhr der Gutachter fort: Obwohl der Beschuldigte einerseits eine ordentliches, beruflich erfolgreiches Leben führte, "sind weitere Straftaten dieser Art anzunehmen", so Walzl. "Er handelt normal, solange man nicht auf den roten Knopf drückt", beschrieb der Psychiater den Angeklagten. Aus diesem Grund diagnostizierte er eine "partielle Zurechnungsunfähigkeit" für diese Tat.

Die Geschworenen folgten diesen Ausführungen und sprachen sich einstimmig für eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher aus. Der Angeklagte kündigte  Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (APA)