Bunt wie Buwog-Bauten sind die offenen Fragen, die Ex-Finanzminister Grasser der Republik mit dem Verkauf ans Österreich-Konsortium hinterlassen hat.

Foto: Immofinanz

Die Hinweise darauf, dass die Immofinanz sehr günstig zu den Bundeswohnungen gekommen ist, verdichten sich. In den ersten drei Jahren nach dem Erwerb der Buwog und der ESG wertete der Immobilienkonzern den neuen Besitz um mehr als 400 Millionen Euro, geht aus den Geschäftsberichten hervor. Dort ist in Bezug auf Buwog auch von "glänzenden Renditeaussichten" und einem "attraktiven Preis" die Rede.

Auch Börse-Analysten sind überzeugt, dass die Immofinanz von dem Deal profitierte. Zwar waren derartige Aufwertungen wegen der besseren Markteinschätzung üblich, allerdings nicht in dem Ausmaß: Der Buchwert der Buwog stieg in drei Jahren um mehr als die Hälfte. Dazu kamen Erlöse aus der Veräußerung von Wohnungen.

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Wien - Die Causa Buwog nimmt ihren Lauf. Die Sachverhaltsdarstellung der Grünen ist am Dienstag beim Staatsanwalt eingelangt; er entscheidet nun, ob er Ermittlungen gegen Ex-Minister Karl-Heinz Grasser und andere beginnt.

Wie immer die Sache ausgeht, für die Immofinanz hat sich der Kauf der Buwog rentiert. "Die Immofinanz konnte diesen enormen Bestand zu einem attraktiven Preis erwerben" , ist im Geschäftsbericht 2004/05 zu diesemThema nachzulesen. Tatsächlich brachte die Transaktion dem einstigen Highflyer an der Wiener Börse markante Gewinne. Schon im ersten Jahr der Einbeziehung der rund 20.000 Bundeswohnungen verbuchte Immofinanz eine Aufwertung von 100 Mio. Euro.

In den folgenden Jahren wurde ein Zahn zugelegt (im Geschäftsbericht wurde übrigens die Formulierung gewählt: "Synergien mit der Buwog und hohes Wertsteigerungspotenzial sorgen für glänzende Renditeaussichten" ): Die Bundes- und Eisenbahnerwohnungen (ESG) wurden 2006/07 um 159,7 Millionen aufgewertet. Im Jahr darauf kamen 162,4 Mio. Euro für Buwog und 25,4 Mio. Euro für die ESG hinzu. Macht unterm Strich deutlich mehr als die Hälfte des Kaufpreises von 750 Mio. Euro.

"Im Umkehrschluss kann man sicher sagen, dass das Paket sehr günstig war" , kommentiert RCB-Analyst Reinhard Ebenauer. Die Zuschreibungen seien zwar in diesen Jahren am Immobilienmarkt typisch gewesen - allerdings nicht in dem Ausmaß wie bei der Buwog. Massiv davon profitiert hat übrigens auch die Constantia Privatbank, weil sich ihre Gebühr für das Management der Immofinanz am Vermögen der börsennotierten Gesellschaft orientiert hat.

Zur Erinnerung: Den Zuschlag für die Bundeswohnungsgesellschaften bekam das "Österreich-Konsortium" , unter Führung der RLB OÖ (Ludwig Scharinger). Weitere Mitglieder, neben der Immofinanz, waren Hypo Oberösterreich und Oberösterreichische Versicherung sowie Wr. Städtische. Sie haben den Wohnungskuchen aufgeteilt: Immofinanz behielt die Buwog, die Linzer EBS und WAG gingen an die Oberösterreicher und Städtische, die Villacher ESG wurde zunächst aliquot aufgeteilt, später landete sie bei der Immofinanz.

Was den Kaufpreis (in Summe 961 Mio. Euro) betrifft, hat dieRepublik noch bis 2014 eine Besserungsklausel im Talon. Sollte sich bis dahin die Gesetzeslage (Wohnbaugemeinnützigkeitsgesetz; das beschränkt die Miethöhe) so ändern, dass die neuen Eigentümer höhere Mieten verlangen und damit höhere Erträge verbuchen können, wird der Kaufpreis neu errechnet - 50 Prozent dieser Neubewertung stehen dem Bund zu.

Lobbying in Kärnten

Die Frage, warum das Land Kärnten im Juni 2004 auf sein Vorkaufsrecht für die ESG Villach verzichtet hat, wird wohl auch die Justiz beschäftigen. Schließlich machte die Immofinanz nur das Rennen, weil das Land verzichtet und die Immofinanz mit 104 Mio. um rund 22 Mio. Euro mehr für die ESG geboten hat als Zweitbieter CA Immo AG. Letztere hatte bis zur vorletzten Runde noch die Nase vorn gehabt. Wie der Standard hört, hat einer der Immofinanz-Lobbyisten acht bis zehn Wochen vor dem Zuschlag mit Landeschef Jörg Haider telefoniert und dabei erläutert, dass es "von hohem Interesse" sei, dass das Österreich-Konsortium zum Zug käme. Auf die Frage, ob er denn das Vorkaufsrecht ausüben wolle, habe Haider nicht geantwortet, dem Lobbyisten sei aber "klar gewesen, dass er das nicht tun wird, wenn der ESG-Kaufpreis hoch genug ist" .

Die Grünen erneuerten am Mittwoch in einer Pressekonferenz ihre Kritik an Grasser, der unter anderem wegen des Verzichts auf Einweisungsrechte des Bundes (auf sie wurde teilweise verzichtet; siehe Wissen) "generös auf 200 Millionen Euro verzichtet hat" , wie die Grüne Bautensprecherin, Gabriela Moser, sagte. Vize-Klubobmann Werner Kogler forderte einen U-Ausschuss, für den Fall der Ablehnung bereite man eine dringliche Anfrage an den Finanzminister vor. (Renate Graber, Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.10.2009)