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Zwei belegte Brötchen und ein Faschiertes Laberl wurden einer deutschen Sekretärin zum Verhängnis - sie wurde fristlos gekündigt.

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Dortmund - Ein neuer Streit um eine Entlassung wegen eines Bagatelldelikts beschäftigt die deutsche Justiz. Wegen des Verzehrs zweier Brötchenhälften von einem Firmen-Buffet droht einer Chefsekretärin des Bauverbands Westfalen die Entlassung. Das Arbeitsgericht Dortmund verhandelt voraussichtlich am 14. Jänner 2010 über den Fall, wie ein Gerichtssprecher am Mittwoch sagte. Der Arbeitgeber hatte am Dienstag die bei einem Gütetermin vorgeschlagene Lösung abgelehnt, die Entlassung in eine Abmahnung umzuwandeln.

In dem Fall geht es um eine 59-jährige Sekretärin, die bereits seit 34 Jahren für den Verband tätig war. Sie hatte laut Gericht im vergangenen Juli einen Imbiss für ihren Chef und verschiedene Gutachter vorbereitet. Dabei nahm sie sich selbst zwei halbe Brötchen mit Aufschnitt und ein Stück Faschierte Laibchen. Dies hatte sie auch sofort zugegeben, als sie darauf angesprochen wurde.

Bei dem Gütetermin am Dienstag hatte die Sekretärin nach Angaben des Gerichtssprechers argumentiert, beim Bauverband sei auch in der Vergangenheit von solchen Büffets gegessen und dies auch geduldet worden. Selbst der frühere Geschäftsführer habe sich gelegentlich bedient. Sie sei der Meinung gewesen, ihr Verhalten sei in Ordnung. Dagegen betrachtet der Arbeitgeber das Vertrauensverhältnis als zerstört und beharrt auf der Entlassung.

Frage des Maßstabs

Das Gericht hatte dem Sprecher zufolge darauf hingewiesen, dass grundsätzlich auch der Diebstahl geringwertiger Dinge eine Entlassung rechtfertige. Allerdings müssten die Interessen abgewogen werden. Für die Klägerin spreche ihr langjähriges Arbeitsverhältnis beim Bauverband. Zudem habe sie keineswegs heimlich gehandelt und ihr Verhalten auch sofort zugegeben.

Der Generalsekretär der nordrhein-westfälischen SPD, Michael Groschek, forderte am Mittwoch die Rücknahme der Kündigung. "Wir dürfen nicht dulden, dass Manager trotz Fehlspekulationen in Millionenhöhe dicke Abfindungen kassieren und kleine Leute wegen eines Wurstbrötchens auf die Straße gesetzt werden", sagte er. Dies sei "unmenschlich und unmoralisch". Groschek forderte die Mitgliedsunternehmen des Verbandes auf, Druck auf die Verantwortlichen auszuüben.

Entlassungen wegen Bagatelldelikten sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Demnächst verhandelt das Bundesarbeitsgericht den Fall einer Kassiererin, der wegen zweier Leergutbons im Wert von 1,30 Euro gekündigten wurde. Damit wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin überprüft, das die Kündigungsschutzklage der Mitarbeiterin abgewiesen und damit bundesweit für Empörung gesorgt hatte. Im baden-württembergischen Radolfzell kämpft eine 58-jährige Altenpflegerin um ihren Arbeitsplatz. Sie war fristlos entlassen worden, weil sie mehrere Maultaschen für den eigenen Verzehr mitgenommen hatte. (APA/AP)