"Die Zeit der Umsetzung ist gekommen", so Bundesministerin Schmied zur Bildungsreform.

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Kanzler Werner Faymann teilt Zucker an die SchülerInnen aus.

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Und hilft bei der Essensausgabe.

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Mit dem richtigen "Schwung" soll auch der Koalitionspartner und die Landeshauptleute überzeugt werden.

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"Wir in der Regierung können nicht so gut singen", bedankt sich Werner Faymann bei dem Schülerchor, um in die nächste Klasse zu gehen. Es ist kein normaler Schulbesuch, eigentlich soll bei einer Pressekonferenz von Bundeskanzler und Bildungsministerin in der Bibliothek des Amerlinggymnasiums im 6. Wiener Gemeindebezirk die Bildungspolitik im Mittelpunkt stehen.

Doch für Fotografen und Kameraleute ist das eigentliche Ereignis an diesem Tag der Kanzler in der Schule. Der Sportplatz wird besichtigt, ein paar Klassen stehen für den Kanzler bereit. Es ist Mittagszeit: Faymann teilt Essen an die SchülerInnen aus, posiert für die Kameras und - "Jetzt schauen wir noch in die Küche" - verteilt Puderzucker über den Nachtisch.

"Mut" und "Durchhaltevermögen"

Zucker gibt es davor auch für seine Regierungskollegin Claudia Schmied: Für bildungspolitische Reformen brauche es "viel Mut" und "Durchhaltevermögen" und über beides verfüge - so Faymann - Schmied in dem durch Widerstand gekennzeichneten Reformprozess. Noch vor wenigen Monaten war das Klima zwischen Kanzler und Ministerin in Bildungsfragen  - nicht zuletzt bei der Anhebung der Lehrerarbeitszeit - merklich getrübt.

Es gehe im Bildungsbereich vor allem um eine "Effizienzsteigerung" und um die Motivation einer "großen Gruppe", von den Landeshauptleuten angefangen bis hin zu den Lehrern und Schülern. Dann seien Reformen möglich. Auf dem Weg zu einer neuen Schule sind jedoch viele "Teilschritte" notwendig, dazu gehört auch, nicht auf das "Prestige" zu setzen, sondern "gemeinsam" an der Reform zu arbeiten. 

Faymann: "Lehrerjob soll Ganztagsjob sein"

Faymann zeigt sich überzeugt, dass eine Umsetzung der angestrebten Reformen - vom Lehrerdienstrecht bis zur gemeinsamen Lehrerausbildung - möglich ist, da der "Koalitionspartner signalisiert hat, dabei zu sein". Natürlich gebe es die eine oder andere "mürrische" Stimme von Seiten der Landeshauptleute oder der ÖVP, jedoch mit dem nötigen "Schwung " werden auch diese zu gewinnen sein. "Die, die sich in den Weg stellen, müssen überzeugt werden", so Faymann. Schließlich sei die Steuerreform ja auch nach anfänglichem Widerstand aus der ÖVP gekommen.

Eine Richtung gab Faymann jedoch vor: Die Schule der Zukunft soll ganztägig sein und der Unterricht gemeinsam erfolgen. "Der Lehrerjob soll ein Ganztagsjob sein", unterstützt Faymann seine Fachministerin. Gerade in dieser Frage wurde Ministerin Schmied von den Lehrervertretern in den letzten Tagen kritisiert, die ihr vorwerfen, dass Schmied durch solche Äußerungen den Lehrern unterstellt, ihre Arbeit sei nur ein Halbtagsjob.

Schmied: "Yes we do"

Bildungsministerin Schmied sieht die "Zeit der Umsetzung gekommen". In Anspielung auf Barack Obama's Wahlkampfslogan "Yes we can" müsse es in der Bildungspolitik heißen: "Yes we do". "Es hat keinen Sinn auf das Jahr 2020 zu vertrösten", so Schmied in Anspielung auf die ÖVP-Forderung ein Papier zur "Schule 2020" vorzulegen. "Schritt für Schritt" seien Reformen umzusetzen, wie den Ausbau der "Tagesbetreuung Neu". 

120.000 neue Plätze für Tagesbetreuung

In den letzten Jahren ist die Anzahl der Tagesbetreuungsplätze stark angestiegen. Wurden im Schuljahr 2005/06 62.743 Betreuungsplätze angeboten, waren es im Schuljahr 2008/09 schon 91.426 (ein Anstieg von 45 Prozent). Der starke Anstieg dürfte auch auf die Einführung der Mittagsbetreuung zurückzuführen sein, die im letzten Schuljahr erstmals angeboten wurden. Bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2013 sollen insgesamt 120.000 Plätze zur Verfügung stehen, so wie sie auch im Amerlinggymnasium angeboten werden.

Zeitgemäße organisatorische Rahmenbedingungen

Neben den inhaltlichen Veränderungen müssen zeitgemäße organisatorische Rahmenbedingungen durch ein neues Lehrerdienstrecht, die Ausweitung der Autonomie oder eine einheitliche Lehrerausbildung geschaffen werden, so Schmied. Bildungspolitik sei wie der Stil der "Pointillisten", erst die Summe der einzelnen Punkte ergibt den Erfolg.

Nach dem letzten Klassenbesuch von Faymann und Schmied ist der Zauber vorbei. "Die Kinder sind dagesessen mit so großen Augen", sagt Faymann zu Schmied. Der bildungspolitische Zirkus dreht sich weiter. (Sebastian Pumberger, derStandard.at, 7.10.2009)