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Keine Gnade für Geld-, aber für Bilanzfälscher in Italien.

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Mailand - In Italien ist am Wochenende der Startschuss für die dritte Steueramnestie durch Finanzminister Giulio Tremonti gefallen. Bis zum 15. April 2010 können unrechtmäßig ins Ausland geschaffte Gelder gegen eine geringe Nachbesteuerung wieder nach Italien geholt werden. Aber nicht nur den Steuersündern, auch Bilanzfälschern gegenüber soll Gnade vor Recht gewährt werden. Reuigen Bürgern wird dabei absolute Anonymität zugesichert.

Der Unmut über die Maßnahme ist bei jenen Italienern, die immer ihre Bilanzen in Ordnung gehalten, ihre Steuern bezahlt und keine Gelder ins Ausland geschmuggelt haben, entsprechend groß. Als einmalige Maßnahme würden sie es nach dem Motto: Ihr habt gesündigt, aber nun bekommt ihr eine zweite Chance, unter Umständen gerade noch durchgehen lassen. Doch es handelt sich dabei bereits um die dritte Amnestie, die die Regierung Silvio Berlusconi unter Tremontis Regie erlassen hat.

Das Duo Berlusconi/Tremonti erhofft sich von der Maßnahme zusätzliche Einnahmen von fünf Milliarden Euro. Für die neueste Amnestie hat Italien dieses Mal besonders attraktive Rahmenbedingungen geschaffen. Als Sanktion wird eine Gebühr von nur 50 Prozent auf einen (fiktiven) Zinsertrag von zwei Prozent für die letzten fünf Jahre erhoben. Umgerechnet entspricht dies fünf Prozent auf das deklarierte Kapital.

Der "Steuerschild" gilt für Gelder, die mindestens bis zum 31. Dezember 2008 illegal im Ausland lagen. Der Großteil des italienischen Schwarzgelds liegt Schätzungen zufolge in der Schweiz. Schweizer Privatbanker zeigen sich dennoch gelassen. Bereits in den Jahren 2002/03 sei viel von dem nach Italien zurückgekehrten Amnestiekapital in Kürze wieder in der Schweiz gelandet.

Auch das gelockerte Bankgeheimnis in der Schweiz sei kein Grund, weshalb die Gelder nicht wieder zurückfließen sollten. "Wir raten unseren italienischen Kunden, das Geld nach Singapur und Hongkong zu transferieren", meinte ein Schweizer Bankberater, der nicht genannt werden wollte. Die Möglichkeit, dass nach der staatlichen Bankenhilfe auch die Kapitalfluchtamnestie zum Flop wird, hält selbst der Wirtschaftswissenschaftler Tito Boeri von der Mailänder Bocconi-Universität für nicht ausgeschlossen.

Illegale 550 Milliarden Euro 

Das römische Finanzministerium schätzt das Volumen des illegal außer Landes geschafften italienischen Kapitals auf rund 550 Milliarden Euro. Bei der neuen "Rückholaktion" müssten mindestens 100 Milliarden Euro Kapital nach Italien gebracht werden, damit die Aktion erfolgreich sei.

Bei den zwei Versuchen zuvor in den Jahren 2002 und 2003 kamen zusammengerechnet gerade einmal 71 Milliarden Euro ins Land zurück. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, Printausgabe, 7.10.2009)