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Der designierte neue SPD-Chef Sigmar Gabriel will eine Koalition mit der Linken nicht mehr ausschließen.

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Ruft „der Alte" gar Stopp? Unter den wachsamen Augen von Exkanzler Willy Brandt beginnen die deutschen Sozialdemokraten nach der verheerenden Wahlniederlage vom 27. September den Umbau in ihrer Parteizentrale.

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Die Parteilinke Andrea Nahles wird Mitte November neue Generalsekretärin der Sozialdemokraten.

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Abgestraft werden dafür die Linken in der neuen SPD-Spitze.

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„Im Jahr 2013 könnte es so weit sein." Wann immer man in den vergangenen Monaten Vertreter von SPD und Linkspartei fragte, ob es nicht doch auch im Bund eine rot-rote Zusammenarbeit geben könne, wurde dieser Zeitpunkt genannt. Bloß öffentlich wollten zumindest die deutschen Sozialdemokraten darüber nicht so gerne sprechen, während die Linken diesbezüglich weniger Hemmungen an den Tag legten.

Doch nun hat sich auch bei den Sozialdemokraten das Mitteilungsbedürfnis grundlegend geändert. Kaum hatte sich der SPD-Vorstand offiziell auf Umweltminister Sigmar Gabriel als neuen Parteichef verständigt, da ließ dieser auch schon wissen, dass er sich nach der nächsten Bundestagswahl durchaus eine Koalition mit der Linkspartei im Bund vorstellen könne: „Ich habe nichts dagegen, mit der Linkspartei zu koalieren, wenn das so gut funktioniert wie in Berlin. Ich habe auch nichts dagegen, dass man 2013 über Koalitionen mit denen im Bund nachdenkt." Und: „Links definiert sich über Inhalte und nicht über Machtoptionen." Allerdings, so Gabriel, werde es in dieser Frage auch „keinen Automatismus" geben.

Dämpfer bei der Wahl

Doch Gabriel musste schnell erfahren, dass sein Kurs bei weitem nicht von allen im SPD-Vorstand goutiert wird. Der Parteivorstand nominierte ihn nur mit bescheidenen 78 Prozent zum einzigen Kandidaten für den SPD-Parteivorsitz (gewählt wird er vom Parteitag Mitte November). Zwar bedankte sich Gabriel für den „Vertrauensvorschuss" und sprach von einem „ehrlichen Ergebnis", doch er hätte sich ein deutlicheres (Aufbruchs-) Signal gewünscht. Verglichen mit anderen Wahlergebnissen, kann Gabriel jedoch geradezu froh sein. Andrea Nahles wurde für den Posten der Generalsekretärin vorgeschlagen - allerdings nur mit blamablen 66,6 Prozent. Noch schlimmer erging es dem Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit: Seine Kandidatur für den Posten des SPD-Vizechefs unterstützten nur 22 von 36 SPD-Vorstandsmitgliedern - das sind 61,1 Prozent.

Kritik an Hauruck-Verfahren

Einig ist sich der Vorstand, dass es künftig nicht mehr nur drei Vizechefs geben soll, sondern vier. Neben Wowereit wurden nominiert: Olaf Scholz, derzeit Arbeitsminister und künftiger Hamburger SPD-Chef, weiters die SPD-Vorsitzende von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, und Manuela Schwesig, Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern.

Das Misstrauen, das Nahles und Wowereit entgegenschlägt, erklärt sich aus ihrer inhaltlichen Positionierung: Beide gehören dem linken Flügel der SPD an und sprechen sich für eine Annäherung an die Linkspartei auch im Bund aus. Wowereit regiert außerdem seit 2001 mit den Linken in Berlin.

Doch in der SPD sind viele auch frustriert, weil sich die neue Führung praktisch selbst in einem Hauruck-Verfahren installierte. Exkanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hatte noch am Abend des Wahldebakels erklärt, dass er selbstverständlich Oppositionsführer im Bundestag, also Fraktionschef, werde. Über die neue Parteiführung wurde nicht diskutiert, weshalb SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer über „Ämterpiraterie" und „autokratische Entscheidungen" schimpft. Er fordert mehr Auswahl für den Parteitag. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, Printausgabe, 7.10.2009)