Brüssel - Die EU-Staaten dürfen bei Auslieferungsersuchen aus dem Ausland zwischen ihren eigenen Staatsangehörigen und anderen EU-Bürgern unterscheiden. Das geht aus einem Urteil zum Europäischen Haftbefehl hervor, das am Dienstag vom Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg gefällt wurde. Demnach hat ein Beschuldigter aus dem EU-Ausland erst nach fünf Jahren Aufenthalt einen zwingenden Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Gastlandes.

Der EuGH äußerte sich zum Fall eines Deutschen, der wegen der Einfuhr von Marihuana über die niederländische Grenze zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt wurde. Da der Mann seit 2005 in den Niederlanden lebt, stellte die Staatsanwaltschaft Aachen im Sommer 2006 einen Europäischen Haftbefehl gegen ihn aus. Die Auslieferung des Gesuchten kann in einem solchen Fall verweigert werden, wenn das Land, in dem er lebt, die Strafe selbst vollstreckt.

Die Niederlande wenden diese Ausnahmeklausel grundsätzlich auf ihre eigenen Staatsbürger an. Bei Bürgern aus anderen EU-Ländern wird die Auslieferung dagegen nur verweigert, wenn diese sich seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen in den Niederlanden aufhalten.

Diese Unterscheidung verstößt nach dem EuGH-Urteil nicht gegen das Diskriminierungsverbot. Eine Verweigerung der Auslieferung sei dann gerechtfertigt, wenn die Resozialisierungschancen nach einer Haftstrafe im Aufenthaltsstaat größer seien als bei einem Gefängnisaufenthalt in einem anderen Land, erklärte der EuGH. Davon sei allerdings nur bei einem gewissen Grad an Integration in die Gesellschaft des Aufenthaltslandes auszugehen. Hierfür könne ein Aufenthalt von fünf Jahren zum Maßstab gemacht werden. (APA/AP)