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Enge politische Freunde des tschechischen Präsidenten haben das Verfassungsgericht des Landes, das den Vertrag bereits ein Mal gebilligt hat, erneut angerufen.

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Prag/Brüssel - Tschechien soll wegen der noch ausstehenden Unterschrift von Staatspräsident Vaclav Klaus unter den EU-Reformvertrag von Lissabon nicht unter Druck gesetzt werden. "Drohungen wären kontraproduktiv", sagte der schwedische Regierungschef und derzeitige EU-Ratsvorsitzende Fredrik Reinfeldt der französischen Zeitung "Le Monde" vom Dienstag. Er trifft an diesem Mittwoch gemeinsam mit EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso den tschechischen Regierungschef Jan Fischer. Dabei geht es vor allem um die Frage, wann Klaus den Vertrag unterzeichnen könnte.

"Klaus würde darauf verweisen, dass die Entscheidung im derzeitigen Stadium nicht bei ihm liegt", sagte Reinfeldt. Enge politische Freunde des tschechischen Präsidenten haben das Verfassungsgericht des Landes, das den Vertrag bereits ein Mal gebilligt hat, erneut angerufen. "Wir müssen jetzt zwei bis drei Wochen warten, um zu wissen, was das Gericht tun wird." Reinfeldt setzte hinzu: "Wenn das Gericht ein zweites Mal entscheidet, dass der Vertrag nicht gegen die tschechische Verfassung verstößt, gehe ich davon aus, dass Klaus dann unterzeichnen muss. Ich habe vergeblich versucht, ihn ans Telefon zu bekommen."

Nach dem irischen Ja bei der Volksabstimmung vom Wochenende sind noch die Unterschriften der Präsidenten Klaus und Lech Kaczynski (Polen) zur Ratifizierung des Vertrags nötig. Kaczynski hat erklärt, er werde demnächst unterzeichnen. Klaus besuchte am Dienstag Albanien, wo er nach Angaben der tschechischen Nachrichtenagentur CTK auf Fragen nach dem Lissabon-Vertrag abweisend reagierte. Regierungschef Fischer hat gesagt, er rechne mit einem Abschluss des Ratifizierungsverfahrens bis Ende des Jahres. Er steht einer parteilosen Übergangsregierung vor.

Fischer sagte, er wolle mit Barroso auch über den künftigen EU-Kommissar seines Landes sprechen. Die Amtszeit der jetzigen EU-Kommission läuft Ende Oktober aus. Sollte bis dann der Lissabon-Vertrag nicht ratifiziert sein, so muss die Kommission nach dem geltenden Nizza-Vertrag gebildet und daher um mindestens einen Posten verkleinert werden.

Kaczynski wird am Mittwoch EU-Reformvertrag unterzeichnen

Der polnischer Präsident Lech Kaczynski wird am Mittwoch nach seiner Rückkehr aus Rumänien den Lissabon-Vertrag unterzeichnen. Dies erklärte der Präsidentensprecher, Pawel Wypych, gegenüber der Tageszeitung "Dziennik Gazeta Prawna" am Dienstag. Er dementierte damit die Mediengerüchte von Montag, dass Kaczynski mit der Unterzeichnung des Abkommens zögern werde.

Laut der Zeitung plante Kaczynski ursprünglich ein Treffen mit Premier Donald Tusk, um zu besprechen, ob eine weitere Verzögerung der Ratifizierung für die Regierung hilfreich sein könnte, ein wichtiges Ressort für den polnischen EU-Kommissar Janzsz Lewandowski zu erhalten. Doch dieser Plan sei nach dem Ausbruch der Glücksspiel-Affäre, in die prominente Politiker aus der Regierung und der rechtsliberalen Regierungspartei PO (Bürgerplattform) verwickelt sind, nicht mehr aktuell, berichtete "Dziennik Gazeta Prawna".

Wypych wunderte sich im Gespräch mit der Zeitung, dass die bisherige Verzögerung so große Unruhe hervorgerufen hatte. "Der in diesem Dokument verhandelte Kompromiss ist gut für Polen. Der Präsident verschob die Ratifizierung, weil er betonen wollte, dass man nicht nur auf große sondern auch auf kleine Länder, wie Irland, keinen Druck ausüben darf", erklärte Wypych. (APA)