Ein Integrationsressort brauchen wir nicht, denn die Integrationspolitik ist bei Frau Fekter im Innenministerium "in besten Händen", sagt die ÖVP. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wenn es Pröll und Co mit dieser Aussage ernst ist, dann geben sie damit den Anspruch auf, eine moderne konservative Partei zu sein.

Integrationspolitik à la Fekter ist Strache mit Handtasche. Und wenn, wie es aussieht, die Bundes-SPÖ nicht entschlossen dagegenhält, dann gibt sie noch mehr auf, nämlich ihre Existenzberechtigung. Dass Integration etwas anderes ist als Kriminalitätsbekämpfung, sagen sämtliche Experten seit Jahr und Tag. In einem Land, in dem bald jeder achte (in Wien jeder dritte) Einwohner einen Migrationshintergrund hat, heißt das, aus verschiedenartigen Elementen eine Bürgergesellschaft bilden und aufpassen, dass diese nicht auseinanderfällt. Das braucht sehr viel Kompetenz, Erfahrung und Geld. In den allermeisten westeuropäischen Ländern gibt es dafür eigene Ressorts, im konservativ regierten Frankreich ein eigenes Ministerium. Wien hat ein Stadtrat-Ressort, und die darin beheimatete und für Integration speziell zuständige Magistratsabteilung 17 ist einer der wenigen Lichtblicke in der heimischen politischen Landschaft.

Wenn der Wiener Bürgermeister Häupl etwas Vergleichbares für den Bund fordert, dann weiß er, wovon er redet. Wien hat Programme, die Migranten das Nachholen von Schulbildung anbieten, vorhandene Qualifikationen auswerten, die deutsche Sprache lehren, bei Konflikten vermitteln, in Lebens-, Berufs- und Bildungsfragen beraten und zugewanderte Österreicher an leitender Stelle einbinden. Was dabei nicht funktioniert, wird sichtbar. Was funktioniert - und das ist sehr, sehr viel - sieht man nicht.

Und was hat der Bund? Ein Fremdenrecht, das so kompliziert ist und so viel Raum für Willkür lässt, dass sich selbst Spezialisten darin nach eigenem Eingeständnis nicht mehr auskennen. Eine schikanöse Integrationsvereinbarung, ein Erbteil der FPÖ-Mitregierung, die mehr mit Drohungen als mit Anreizen arbeitet. Und einen Tunnelblick, der vorrangig auf Kriminalität und Asylmissbrauch gerichtet ist. Die hunderttausenden nichtkriminellen Zuwanderer, die vielfach weit unter ihrer Qualifikation arbeiten und viel für das Land tun könnten und wollten, wenn man sie nur ließe, bleiben außen vor.

Langsam, langsam, setzt sich in der Öffentlichkeit die Erkenntnis durch, dass es zur Integration keine Alternative gibt. Aber die Regierungsparteien fürchten sich vor der Anti-"Ausländer"-Hetze von Krone und FPÖ. Würden sie wirklich Stimmen verlieren, wenn sie endlich vernünftige Integrationsmaßnahmen beschlössen? Ich glaube nicht. Natürlich haben die Leute Angst vor Kriminalität und wollen keine Nachbarn, die Lärm machen, den Müll nicht trennen und unverständliche Bräuche haben. Aber dagegen hilft Hetzpolitik am allerwenigsten. Häupl hat recht, wir brauchen ein Integrationsressort. Je schneller Faymann und Pröll das einsehen, desto mehr wird ihnen das nützen. Es gibt bessere Hände, in die man diese wichtige Zukunftsfrage legen sollte als die der Polizeiministerin. (Barbara Coudenhove-Kalergi/DER STANDARD - Printausgabe, 6.10.2009)