Der französische Präsident Nicolas Sarkozy präsentiert sich im Atomstreit als Scharfmacher. Vor der UN-Vollversammlung vor zehn Tagen hätte er am liebsten auf den Tisch gehauen - wie 2007, als er erklärte, der Iran müsse sich entscheiden, ob er die Atombombe bauen oder selber bombardiert werden wolle. Laut Redetext wollte er Teheran mit einer Wirtschaftsblockade drohen, falls es bei den Atomgesprächen keine Fortschritte gebe. Sogar Außenminister Bernard Kouchner, der vor zwei Jahren selbst laut über einen "Krieg" gegen den Iran nachgedacht hatte, musste ihn mäßigen. Der Staatschef verzichtete in letzter Minute auf einen neuen Eklat - nachdem er Kouchner hinter den Kulissen abgekanzelt hatte.

US-Präsident Barack Obama bezichtigte Sarkozy einer "unglaublichen Naivität" im Atomstreit - ohne ihn namentlich zu nennen. Obwohl auch die Töne des US-Präsidenten jüngst härter geworden sind. Das Magazin Newsweek erklärt sich den harten Kurs Sarkozys mit einem "Obama-Komplex", der ihn dazu verleite, aggressiver aufzutreten als die USA.

Doch Sarkozy geht seit seiner Wahl 2007, als George W. Bush noch die USA führte, auf Konfrontationkurs zu Teheran. "Während die USA nicht länger der große Satan für das iranische Regime sind, ist Frankreich zum kleinen Satan geworden" , meint der Direktor des Pariser Instituts für Internationale und Strategische Studien, Pascal Boniface. Vor ein paar Monaten ließ Teheran die junge französische Journalistin Clotilde Reiss als "Spionin" verhaften. Selbst einige regimekritische Iraner werfen Sarkozy vor, er tanze nach der Pfeife Israels, indem er "lauter als die Amerikaner bellt" .

Die Beziehungen zwischen Paris und Teheran sind seit über dreißig Jahren belastet. Revolutionsführer Khomeini plante aus dem französischen Exil die islamische Revolution. Im Iran-Irak-Krieg stand Paris auf der Seite des irakischen Staatschefs Saddam Husseins - und lieferte ihm gar Uran für die Atomanlage Osirak, die Israel 1981 zerstörte. Auch deutsche Diplomaten verweisen heute auf den Widerspruch in der Haltung Sarkozys, wenn er den arabischen Raum von Libyen bis Pakistan mit französischen Atomkraftwerken überzieht, dem Iran aber die Urananreicherung verbieten will.

Sarkozy hat mit der vorsichtigen Annäherung seines Vorgängers Jacques Chirac Schluss gemacht. "Die Iraner verdienen Besseres als die aktuelle Staatsführung" , meinte er nach den iranischen Präsidentenwahlen. Worauf der wiedergewählte Mahmud Ahmadi-Nejad konterte: "Die Franzosen verdienen eine bessere Staatsführung als die aktuelle." Eine offene Debatte über den Iran-Kurs findet in Paris nicht statt. Hinter vorgehaltener Hand befürchten aber viele Experten, dass Frankreich wegen Sarkozys Auftreten wieder Ziel von Terroranschlägen werden könnte. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 5.10.2009)