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Ex-Personalchef Nigl belastet unter anderem Vorstand Peter Klugar (im Bild)

Foto: Reuters/Bader

In der Affäre um illegal gespeicherte Krankendaten geht Ex-Personalchef Franz Nigl zum Gegenangriff über. Konzernchef Peter Klugar sei seit 2003 vollumfänglich informiert und der Betriebsrat habe selbst Daten liefern lassen.

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Wien - Drei Wochen nach Auffliegen eskaliert die Affäre um illegale Speicherung von ÖBB-Krankendaten. Der von ÖBB-Führung und Eisenbahnergewerkschaft schwer belastete Ex-ÖBB-Personalchef, Franz Nigl, wehrt sich gegen Vorwürfe, für illegale Krankendatenspeicherung verantwortlich zu sein und belastet ÖBB-Holding-Chef Peter Klugar, zahlreiche Führungskräfte und vor allem Zentralbetriebsratschef Willi Haberzettl schwer. Nigl informierte die Staatsanwaltschaft Wien über seine Sicht der Dinge.

"Die Aktivitäten des Fehlzeitenmanagements, somit auch die Gesundheitsfördergespräche, wurden damals (2003, Anm.) vom Vorstand beschlossen und in der Folge umgesetzt. Der Betriebsrat war in die Umsetzung der Aktivitäten des Fehlzeitenmanagements umfassend eingebunden" , schreibt Nigls Anwalt Sebastian Lesigang in der dem Standard vorliegenden "Äußerung" an den Staatsanwalt.

Klugar war bei der von Nigl zitierten Vorstandsklausur am 21. und 22. März 2003 anwesend - zwar nicht als Vorstandsdirektor, aber als Prokurist für den Geschäftsbereich Netz in der ÖBB-alt. Dort wurden laut Nigls Darstellung "Fehlzeitenmanagement und die daraus resultierenden Aktivitäten, wie z.B. das Führen von Gesundheitsfördergesprächen ... umfassend behandelt" . ÖBB-General war damals Rüdiger vorm Walde.

2005 und 2006, also nach der Aufteilung des Konzerns in 16 Teilbetriebe, habe die ÖBB-Holding AG (unter Martin Huber und Finanzchef Erich Söllinger) neuerlich "Maßnahmen zur Eindämmung der hohen Krankenstandsraten beauftragt, "die Task Force Krankenstand wurde ... eingerichtet" , schreibt Nigl. Für die "Abbildung" dieser Gesundheitsgespräche sei in der ÖBB-Infrastruktur Betrieb-AG (deren Chef von 2004 bis Mai 2008: Klugar) ein EDV-System erstellt worden, das auch Personen- und Güterverkehr benutzt hätten. Nigl legt wert darauf, dass diese Gesundheitsförderungsgespräche von den Personalmaßnahmen zur Krankenstandsreduzierung "streng zu trennen" seien. Er räumt aber ein, dass im Formblatt "Entscheidungsgrundlage für Personalmaßnahmen" (das für eine Vorrückung oder gehaltsmäßige Beförderung maßgeblich ist, Anm) ein Feld Begründung gibt, "in das nicht überprüfbare Diagnose-ähnliche Daten eingesetzt wurden" - aber nicht von ihm selbst, sondern von den betroffenen Beschäftigten, der Personalabteilung oder Führungskräften, behauptet Nigl.

Das freilich steht im Widerspruch zu dem von Nigl verfassten Memo an den ÖBB-Vorstand vom 30. Juni 2008. Darin hatte er versichert: "In den Personalsystemen des Konzerns sind keine Aufzeichnungen über Diagnosen oder Krankheitsgeschichten der MitarbeiterInnen gespeichert." der Standard berichtete exklusiv.

Dass er als Prokurist in allen ÖBB-Gesellschaften maßgeblich in Personalagenden eingebunden gewesen sei, bestreitet Nigl. Er sei wohl nach außen vertretungsbefugt gewesen, habe im Innenverhältnis aber "nur ein rahmenrechtliches Gestaltungs- und Vetorecht bezüglich Personalaufnahmen und Gehaltsmaßnahmen" gehabt.

Konzernchef Klugar kontert: Die Formblätter für Personalmaßnahmen seien konzernweit von der ÖBB-DienstleistungsGmbH (deren Geschäftsführer Nigl ist, Anm.) geführt worden. Er habe ÖBBler nie "bespitzeln" lassen.

Erklärungsbedarf auch bei den Personalvertretern rund um Haberzettl. Auch sie haben, sagt Nigl, die Formblätter unterschrieben. Aus dem Büro Haberzettls seien ihm sogar Diagnose-ähnliche Daten übermittelt worden.

Haberzettl rechtfertigt dies so: Das (von Nigl als Beweis angeführte) von ihm unterschriebene E-Mail enthalte keine Diagnose, sondern lediglich den Vermerk "Krankenhausaufenthalt". Es habe der Intervention für eine krankheitsbedingte Pensionierung gedient. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.10.2009)