Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: AP

Bild nicht mehr verfügbar.

Soziale Netzwerke verändern unsere Internet-Nutzung

REUTERS/Nicky Loh

Für die Suche nach Inhalten von Webseiten ist Google - vor allem technisch - unangefochtener Spitzenreiter. In den vergangenen Jahren nahmen aber vermehrt Videos, Audio- und Fotodateien sowie neue Inhalte wie Feeds und Tweets ihren (Speicher-)Platz im weltweiten Netz ein. Neue Suchmaschinen und soziale Netzwerke machen sich auf, diese Inhalte zu erschließen. Besonderer Beliebtheit, was Anwenderzahlen und Seitenzugriffe betrifft, erfreuen sich soziale Netzwerke wie Facebook, MySpace, studiVZ oder Twitter. Vor allem Facebook konnte die Anzahl der Unique Visitors seit Anfang dieses Jahres erheblich steigern. Angesichts dieser Zahlen und der angebotenen neuen Suchmöglichkeiten sehen viele in diesen Netzwerken die Zukunft der Internetsuche und damit eine ernsthafte Konkurrenz für Google.

Echtzeitsuche im Netzwerk oder Algorithmen-Suche

Die wachsenden Zugriffszahlen stammen von Aufrufen von Unterseiten, von Links, die zwischen Mitgliedern ausgetauscht werden, und von neuen Suchfunktionen: Mit Facebook Connect, das bereits letztes Jahr vorgestellt wurde, begann Facebook seinen Dienst mit Anbietern von Content-Seiten im Internet zu verlinken. Nachdem Ende vergangenen Jahres die Übernahme von Twitter scheiterte, übernahm Facebook das Start-up-Unternehmen FriendFeed. Daraus ging die neue Echtzeitsuchfunktion hervor, die Facebook vor wenigen Wochen vorstellte. Aktualisierte oder neue Webseiten werden mit Google nur zeitlich verzögert gefunden. Auch wenn man - mit einem kleinen Trick - Google zu einer zeitnahen Suche bringen kann. Mit der Echtzeitsuche findet man aktuelle Informationen, die gerade erst online gegangen sind. Die Facebook-Suche liefert nicht nur Ergebnisse zu Personen, Gruppen oder Ereignissen, die neue Funktion beinhaltet auch eine internetweite Suche. Dahinter steckt die Search Engine des Microsoft-Dienstes Bing, wie Herbert Koczera, Pressesprecher von Microsoft Austria, bestätigt.

Vor- und Nachteile

Vorteile bietet die Echtzeitsuche in den Bereichen aktuelle, persönliche Nachrichten, Meinungen und Emotionen sowie Hinweise auf Aktivitäten. Für solche Anfragen liefert die Suche im sozialen Netzwerk aktuellere Ergebnisse als eine konventionelle Suchmaschine. Allerdings hat diese Form der Suche auch Nachteile: Der Suchende ist darauf angewiesen, dass sein Netzwerk viele Mitglieder hat, um die gewünschten Informationen zu liefern. Das Suchergebnis ist davon abhängig, welche Inhalte freigegeben sind und es gibt nur einen subjektiv bestimmten Ausschnitt wider. Eine Kontrolle bezüglich Relevanz oder Glaubwürdigkeit findet nicht statt.

Christoph Bauer, der an der Uni Klagenfurt seine Diplomarbeit über Dialogische Kommunikationsangebote und Social Media schreibt und in der Social Media-Beratung arbeitet, weist darauf hin, "dass die Echtzeitsuche eher ein komplementäres Modell zur klassischen Google-Suche darstellt, und nicht unbedingt eine Konkurrenztechnik ist". Der Google-Algorithmus inkludiere den Glaubwürdigkeitsfaktor einer Quelle, dagegen würden die Suchfunktionen der sozialen Netzwerke einen Einblick in die persönliche Mikroebene erlauben, auf die Google niemals zugreifen kann, sagt Bauer weiter.

Diesen Qualitätsvorsprung sieht auch Andreas Haderlein vom Zukunftsinstitut Horx: "Die Echzeitsuche liefert den aktuelle Gemütszustand im Twitter-Universum, sie kann aber den qualitativ hochwertigen Ergebnissen einer Google-Suche nicht das Wasser reichen".

Nicht mehr suchen - gefunden werden

Ein großer Unterschied zwischen Facebook - mit Connect und Echtzeitsuche - und Google besteht darin, dass Facebook-Mitglieder von anderen Mitgliedern auf Inhalte hingewiesen werden, beziehungsweise mit Links zu bevorzugten Webseiten versorgt werden. Man sucht nicht mehr aktiv im Internet, die Inhalte kommen aus einem sozialen Netzwerk von Freunden mit gleichen Interessen und Vorlieben. Bauer nennt es das Following-Prinzip: Wer sich für ein Mitglied interessiere, folge auch dessen Interessen.

Für Marketing-Strategen könnten diese Kommunikationsnetzwerke zunehmend interessant werden. Herkömmliche Instrumente, wie Bannerwerbung oder Google AdWords und Ranking, sind nicht mehr das Maß aller Dinge. Von den Marketingabteilungen gepflegt, könnte ein soziales Netzwerk entstehen, in dem sich Freunde gezielt über Produkte und Marken austauschen. Möglich wäre die Ansprache eines exakt definierten Zielpublikums - mit minimalem Streuverlust. Das einzige Problem ist derzeit noch die Analyse dieser Kommunikationswege: "Wie kann ich die Erfolge messbar machen? Ohne Messung bringe ich keine Marketing-Maßnahme durchs Controlling", sagt Haderlein vom Zukunftsinstitut.

Zukunft der Suchmaschinen: Spezialisierung und Kampf der Großen

Viele versprechen sich von der semantischen Internetsuche bessere Suchergebnisse. Bislang analysieren die großen Suchmaschinen Wortstellungen und Satzzusammenhänge. Mit der semantischen Suche würde es möglich werden, Webseiten nach deren Inhalt in der jeweiligen Sprache zu durchsuchen. Einige Versuche sind beispielsweise powerset.com oder wolframalpha.com. Diese Versuche zeigen aber lediglich, dass der Suchmaschinenmarkt auf der einen Seite immer mehr kleine, spezialisierte Anbieter hervorbringen wird. Auf der anderen Seite werden sich die drei großen Anbieter Google, Bing und Yahoo einen Kampf um die Vormachtstellung liefern. "Die großen, technisch perfektionierten Suchmaschinen werden den Markt auf absehbare Zeit dominieren", sagt Haderlein.

Google arbeitet weiter an der technischen Verfeinerung seines Dienstes. Einen Schritt Richtung Multimedia ist man zusammen mit Adobe gegangen. Mit der neuesten Adobe-Software ist es möglich, die Sprache von Videos automatisch in Text umzuwandeln, diesen Text in einer Flash-Video-Datei zu speichern und online zu stellen. Mit einer Google-Suche können jetzt gesprochene Schlagworte in dem Video gefunden werden.

Verschmelzung

Sowohl Bing als auch Yahoo erhöhen im Moment die Anstrengungen, zum Marktführer aufzuschließen. Für Microsoft war der Einstieg bei Facebook ein großer Schritt: "Durch unsere Partnerschaft mit Facebook sind wir in der Lage, Bing Millionen von Facebook-Anwender vorzustellen", sagt Koczera. Die Zahl der Seitenzugriffe hat im Juni - nach eigenen Angaben - um acht Prozent zugenommen. Vor kurzem begann Bing damit, Twitter-Meldungen in der Ergebnisliste einzublenden. Yahoo bereitet derzeit eine große internationale Werbekampagne vor, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Der Trend der nächsten Jahre geht in Richtung mobile Endgeräte. Die mobile Internetnutzung steckt in Europa noch in den Kinderschuhen. Google hat schon einige Entwicklungen in diese Richtung gestartet, wie zum Beispiel Navigation am Handy, Google Calendar für Terminerinnerungen oder die Google-Auskunft über eine kostenfreie Telefonnummer, die es in Amerika bereits gibt. Technisch weiter sind die so genannten Reality Browser, beispielsweise layar.com. Man braucht ein Handy mit Kamera, Internetverbindung und GPS, um sich Informationen über interessante Ziele in der Umgebung anzeigen zu lassen. Schon heute machen Suchanfragen nach lokalen Informationen einen erheblichen Teil des Google-Verkehrsaufkommens aus. Wer es schafft, den Markt der mobilen lokalen Suchanfragen wirtschaftlich nutzbar zu machen, hat den Schlüssel für die Zukunft der Suchmaschinen in der Hand. (Markus Drenckhan, derStandard.at)