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Eifrig im Internet unterwegs: Manuel Ortlechner.

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Klare Ansage: "Würden wir das Weser-Stadion und die Blumeninsel lediglich besuchen wollen, wären wir wohl fehl am Platz."

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derStandard.at: Nach Bilbao waren Sie um "einige Erfahrungen reicher". Ein Stehsatz nach einer 0:3-Niederlage, oder?

Manuel Ortlechner: Manchmal weiche ich nach einem Spiel mit diplomatischen Aussagen aus. Das war wohl so ein Fall, ich bin kein Fan der sogenannten Flash-Interviews direkt nach dem Spiel.

derStandard.at: Trotzdem hat die Austria im San Mamés wohl ein paar interessante Eindrücke mitgenommen...

Manuel Ortlechner: Natürlich: Die Atmosphäre, das Tempo, dort wird jeder Fehler bestraft, das ist ein anderes Niveau. Athletic Bilbao spielt einen super Fußball: stark am Ball, kombinationssicher, schnell. Fernando Llorente zum Beispiel, das ist eine andere Liga. Da hat man gesehen was los ist, wo der Fußball eigentlich beginnt.

derStandard.at: Wie kann man gesammelte Erfahrungen am schnellsten in eine Leistungssteigerung umsetzen?

Manuel Ortlechner: Man muss immer ehrlich zu sich bleiben. Wenn man sieht, dass man mithalten kann, ist es ein tolles Gefühl und bringt das notwendige Selbstvertrauen, um sich auch international zu bewähren. Wir hatten in Bilbao in der ersten Halbzeit gute Torchancen - wenn wir die verwerten, kann es auch anders laufen.

derStandard.at: Die Buchmacher sehen die Austria gegen Funchal in der Favoritenrolle. Eine Einschätzung, die Sie teilen?

Manuel Ortlechner: Die Chancen stehen vielleicht 55:45 für uns, im Horr sind wir nicht so schlecht, aber ich weiß vom Gegner relativ wenig. Sie haben elf Brasilianer im Kader, da sind ein paar quirlige Typen dabei, darauf stellen uns die Trainer ein.

derStandard.at: Der Gegner konnte nur per Video, aber nicht vor Ort studiert werden. Ein Nachteil?

Manuel Ortlechner: Ich muss ohnehin nicht alles über den Gegner wissen. Mir reichen einige Eckdaten und Informationen über Spieler, auf die man besonderes Augenmerk legen muss. Nur weil einer zehn Mal in Folge links vorbei geht, muss er es beim elften Mal nicht wieder so machen. Wichtiger ist die Konzentration auf eigene Stärken.

derStandard.at: Auf dem Papier ist das Heimspiel gegen Funchal wohl die leichteste Partie in der Gruppenphase. Muss man bereits von einem "Pflichtsieg" sprechen?

Manuel Ortlechner: Gibt es "Pflichtsiege" überhaupt?

derStandard.at: Ist der Aufstieg das Ziel, sollte man am Donnerstag wohl besser drei Punkte holen...

Manuel Ortlechner: Das ist richtig. Funchal kennt man nicht, also ist es der sogenannte Pflichtsieg. Aber warum sind die in der Gruppenphase dabei? Die müssen zumindest auf einem ähnlichen Niveau spielen wie wir.

derStandard.at: Besteht in der Mannschaft die klare Zielsetzung, die Gruppenphase zu überstehen oder sieht man diese Runde bereits als Zugabe?

Manuel Ortlechner: Würden wir das Weser-Stadion und die Blumeninsel lediglich besuchen wollen, wären wir wohl fehl am Platz. Es geht auch um Geld und das Ansehen des Vereins. Rapid und Salzburg haben gezeigt, was möglich ist, auch auswärts.

derStandard.at: Kann man auch Kraft aus den Erfolgen anderer österreichischer Vereine schöpfen?

Manuel Ortlechner: Dadurch wird der Druck größer. Wenn man sieht, dass die anderen Vereine reüssieren, will man natürlich auch gut aussehen. Das spornt extrem an.

derStandard.at: Nährt dies auch den Glauben an Erfolge gegen einen Verein wie Werder?

Manuel Ortlechner: Ja sicher. In Deutschland gibt es vier, fünf Vereine, die über dem Niveau der österreichischen Liga stehen. Mit dem Rest können wir ohne weiteres mitspielen.

derStandard.at: Die meisten Fußballer vermeiden politische Aussagen, Sie fordern den Rücktritt des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf und bekannten sich bei der letzten Wahl zu Grün. Verstehen Sie sich als politischen Menschen?

Manuel Ortlechner: Ich habe außer blau schon alle Farben gewählt, man kann nicht sagen, dass ich ein Grüner bin. Ich bin kein Stammwähler. Ich versuche mich vor jeder Wahl intensiv zu informieren und entscheide dann. Die Privatperson Ortlechner hat eine politische Meinung, das ist legitim.

derStandard.at: Mit Blau hatten Sie ja unter Kärnten-Präsident Mario Canori auch schon zu tun. Fiel Ihnen das schwer?

Manuel Ortlechner: Ich hatte zu ihm ein gutes Verhältnis. Ich klammere die politische Person aus und sehe ihn nur als Präsidenten, da gibt es keine Vorurteile.

derStandard.at: Kann man das so einfach trennen?

Manuel Ortlechner: Ja.

derStandard.at: Sie sind aktiv im Internet unterwegs, nutzen Twitter und Facebook, betreiben eine aufwendige Webseite. Eine gute Möglichkeit, mit Fans zu kommunizieren?

Manuel Ortlechner: Ich nutze die neuen Medien gerne und würde dies auch tun, wenn ich kein Fußballer wäre. Es kommt bei manchen Fans aber tatsächlich gut an, sie erfahren Dinge und sehen Fotos, die sonst nicht an die Öffentlichkeit gelangen würden.

derStandard.at: Sie geben unter anderem Musiktipps. Wollen Sie durch die Darstellung Ihrer Person vermeiden, als 08/15-Typ zu gelten?

Manuel Ortlechner: Ich versuche sicher nicht irgendeinem Typ zu entsprechen oder mich als Querdenker zu positionieren. Ich mache mein Ding und fertig, ich brauche kein zweites Gesicht und möchte auch gar nicht zu viel von mir preisgeben.

derStandard.at: Sie bezeichnen Rapid-Goalie Helge Payer auf Ihrer Webseite als Freund, äußern sich politisch, machen Meinung. Befürchten Sie nicht, dadurch eine willkommene Angriffsfläche für manche Fans zu bieten?

Manuel Ortlechner: Ich kenne Helge seit zehn Jahren. Soll ich ihn jetzt aus dem Telefonverzeichnis löschen, nur weil ich bei der Austria spiele und er bei Rapid? Wie krank wäre das denn?

derStandard.at: Vermutlich sehr krank. Lesen Sie Fußballforen im Internet?

Manuel Ortlechner: Nein. Auch keine Zeitungen, ich möchte gar nicht wissen, wie mich die "Krone" bewertet. Das würde nur meine Tagesform beeinflussen.

derStandard.at: Also geht Ihnen auch Kritik der Fans nicht zu Herzen?

Manuel Ortlechner: Ich nehme ganz genau zwei Kritiken an: die meines Klubtrainers und die des Nationaltrainers.

derStandard.at: Sie haben vor einem Spiel gegen Wiener Neustadt von einem Match zwischen Tradition und Retorte gesprochen. Welche Rolle spielt Tradition für einen Profi-Fußballer?

Manuel Ortlechner: Ich habe immer davon geträumt, bei einem großen Verein mit langer Tradition zu spielen. Das habe ich jetzt geschafft. Ich möchte solange wie möglich bei der Austria bleiben, fühle mich hier extrem wohl. Wenn man durch das Austria-Museum spaziert und sieht welche Größen hier gespielt haben, möchte man auch ein Kapitel zu dieser Geschichte beitragen. Auch deswegen wollen wir Erfolge in der Europa League feiern.

derStandard.at: Sie waren selber bei Pasching und Austria Kärnten tätig. Kann man sich mit der "Retorte" auch arrangieren?

Manuel Ortlechner: Die Bundesliga war mein Ziel, deshalb bin ich von Ried nach Pasching gegangen. Nach Kärnten wurde ich verschoben, das hatte ich mir so gar nicht ausgesucht.

derStandard.at: Haben Sie sich mit der Tradition der Austria intensiv auseinandergesetzt?

Manuel Ortlechner: Ich habe die Geschichte auf wikipedia studiert.

derStandard.at: Zum Abschluss noch eine violette Quizfrage: Welche Spieler aus der 78er-Finalmannschaft der Austria können Sie nennen?

Manuel Ortlechner: Daxbacher, Prohaska... (grübelt)

derStandard.at: Einen weiteren kennen Sie auf jeden Fall.

Manuel Ortlechner: Parits natürlich! (Philip Bauer; derStandard.at; 30. September 2009)