In einer Zeit des Umbruchs steht derzeit das Erweiterungs-Universum rund um den Mozilla Firefox. Während klassische Add-Ons mit ungebrochenem Schwung auf der zugehörigen Projektseite landen, experimentiert man bei Mozilla schon mit einem vollständig neuen Erweiterungskonzept.

Niederschwellig

Die "Jetpacks" sollen künftig gleich mehrere Probleme in Bezug auf herkömmliche Extensions lösen: So sollen sie sich etwa - aktuellen Web-Technologien sei dank - wesentlich einfacher entwickeln lassen. Wie auch beim Web selbst bilden hier HTML, CSS und Javascript die Entwicklungsbasis, ein Umstand, der den Einstieg für Neulinge deutlich erleichtern sollte. Ein weiterer sich daraus ergebender Vorteil: Solche Anwendungen lassen sich gleich mit aus dem Web-Design bekannten Tools wie Firebug debuggen.

Installation

Die AnwenderInnen wiederum werden sich vor allem darüber freuen, dass sich Jetpacks vollständig ohne Neustart installieren und nutzen lassen. Zusätzlich soll der Ressourcenverbrauch niedriger sein, auch mit Sicherheitsproblemen soll so aufgeräumt werden, da solche Anwendungen nur mit sehr eingeschränkten Privilegien laufen. 

Parallel

Zumindest kurzfristig ist allerdings nicht zu erwarten, dass die Jetpacks das bisherige Add-On-System vollständig ersetzen, erlaubt letzteres doch noch tiefere Eingriffe in den Browser. Wer das Ganze trotz des frühen Entwicklungsstandes bereits ausprobieren will, kann dies - natürlich in Form einer klassischen Firefox-Erweiterung. Auf der Projektseite gibt es dann einige Demos zum Ausprobieren, etwa einen Jetpack-Adblocker, der in gerade einmal 80 Zeilen Code implementiert wurde.

Screenshot: Andreas Proschofsky

So bleibt das Gros der Entwicklung derzeit weiterhin im Add-On-Bereich, auf den folgenden Seiten sollen einige der interessantesten aktuellen Erweiterungen präsentiert werden. Wie immer gilt dabei, dass sich dieser Artikel nicht als "All-Time-Best"-Liste versteht, sondern nur Add-Ons enthält, die in der Vergangenheit noch nicht gefeaturet wurden. Insofern seien die geneigten LeserInnen auch explizit dazu aufgefordert, ihre eigenen Favoriten zu posten.

Informationen

Dass Mozilla neue Funktionen für seinen Browser gern in Form von Erweiterungen ausprobiert, haben wir ja bereits an den "Jetpacks" gesehen, ein Add-On das beste Chancen hat, in künftigen Firefox-Releases zu landen, ist "about:me". Diese fügt dem Browser eine interne Webseite hinzu, die über die namensgebende URL aufgesucht werden kann.

Statistik

Dort finden sich dann jede Menge Statistiken über das eigene Surfverhalten. So werden etwa die meist besuchten Seiten aufgelistet, dies lässt sich auch anhand der Tagesezeit aufsplitten, außerdem lässt sich noch weiter in die Tiefe gehen und anzeigen welche Subseiten am häufigsten besucht wurden. Außerdem wird das Downloadverhalten analysiert, konkret anhand der heruntergeladenen Dateitypen und der Verteilung über die Woche sowie der Dateigröße. Wer darin ein ausgefuchstes Spionagetool vermutet, sei darauf hingewiesen, dass "about:me" keinerlei neue Daten sammelt, sondern lediglich die schon vorhandenen History- und Download-Informationen analysiert.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Mit einem viel versprechenden Namen schmückt sich schon mal "Fastestfox", allerdings geht es dabei nicht - wie man vielleicht meinen könnte - darum den Browser selbst zu beschleunigen, sondern die Arbeitsabläufe der NutzerInnen zu verkürzen. Und dies auf vielfältigste Weise: So wird etwa nach der Auswahl eines Begriffs eine kleine Grafik mit Links auf zuvor ausgewählte Suchmaschinen eingeblendet, für die Kontextsuche bietet man hier von Haus aus etwa Google, Twitter oder auch Bing an.

Aufgebohrt

Ebenfalls mit dabei ist der qlauncher, über den in einem hübsch gemachten Interface gleichzeitig auf unterschiedlichsten Seiten gesucht werden kann, die Ergebnisse werden dabei gleich im Interface direkt angerissen. Einige der meist benutzten Seiten erweitert Fastestfox mit zusätzlichen Funktion, so gibt es etwa bei Google die "Endless Pages", weitere Ergebnisseiten werden also automatisch nachgeladen und unter der Originalseite angehängt. Bei Wikipedia wiederum werden verwandte Artikel eingeblendet.

Download

Über das Kontextmenü lassen sich zusätzlich in einem Rutsch alle Grafiken oder andere Medien einer Seite herunterladen, wer will kann dies auch gleich mit allen verlinkten Seiten machen. Nett auch die Autocopy-Funktion, die wohl einige von Linux her kennen könnten: Ausgewählte Begriffe landen ohne weiteres Zutun in einem eigenen Zwischenspeicher und können per Mausklick wieder eingefügt werden - die flotteste Art von Copy & Paste. Wer will kann sich außerdem Google Suggest-Ergebnisse direkt im Awesomebar anzeigen oder Text-URLs in Webseiten automatisch verlinken lassen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Wer mehrere Computer parallel benutzt, wird sich schon mal gewünscht haben, die unterschiedlichen Firefox-Installationen immer auf dem gleichen Stand zu halten. Bislang bot sich dafür vor allem Xmarks (ehemals: Foxmarks) an, nun arbeitet man bei Mozilla aber an einer eigenen Lösung, in Form von "Weave" steht dies mittlerweile experimentierfreudigen NutzerInnen als Download zur Verfügung.

Start

Das Setup ist dabei denkbar einfach: Ein Name, ein Passwort plus eine weitere Passphrase - und schon beginnt die Synchronisation vollautomatisch. Von Haus aus gleicht Weave dabei unter anderem Bookmarks, History und Einstellungen ab. Auch Passwörter, Formular-Eingaben und offene Tabs - die dann in einem Extra-Menü im anderern Browser eingeblendet werden -  lassen sich auf dem gleichen Stand halten. Wer die leichtgewichtigen "Personas"-Themes installiert hat, kann auch diese abgleichen.

Abgelagert

Die Daten werden auf einem Mozilla-Server zwischengespeichert, allerdings so verschlüsselt, dass sie auch Mozilla selbst gar nicht lesen kann, wie das Projekt versichert. Dabei gilt freilich wie immer: Die Sicherheit der eigenen Daten hängt zu einem guten Teil von der Qualität des eigenen Passworts ab...

Screenshot: Andreas Proschofsky

Immer wieder hat das Firefox-Team kommuniziert, dass man an neuen Konzepten für die Organisation von gleichzeitig geöffneten Webseiten arbeitet. Schließlich kämen herkömmliche Tab-Ansätze mit der immer intensiveren Nutzung des Browsers an ihre Grenzen, eine Vielzahl von geöffneten Seiten ließen sich hier nur schwer verwalten.

Grafisch

Eine wirklich gangbare Lösung hat man dabei noch nicht gefunden, freilich bietet hier der Addons-Fundus die gewohnte Abhilfe. Mit dem "Tab Sidebar" lassen sich die Tabs mit Miniaturgrafiken in einem Sidebar austauschen. Doch diese sind nicht nur zur visuellen Orientierung dar, mittels kleiner Navigationselemente lässt sich so auch schnell in  den gerade nicht aktiven Seiten navigieren.

Visuell

Teilweise erinnert das Ganze recht stark an die "Visual Tabs" von Opera 10. Wer will kann die Mini-Tab-Darstellung auch an andere Stellen im Browser verschieben, also etwa ober- oder unterhalb der aktiven Seite.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Auch wenn sich die Anzahl der IE-only-Webseiten in den letzten Jahren erheblich reduziert hat, so gibt es doch vor allem bei so manchem Unternehmen noch interne Anwendungen, die nur mit dem Microsoft-Browser funktionieren. Zusätzlich gibt es natürlich noch die Gruppe der Web-DesignerInnen, die auch weiterhin ihre Kreationen auf dem weltweit meist verbreiteten Browser überprüfen müssen.

Nebeneinander

Um all diesen zu ersparen zwei Browser gleichzeitig geöffnet zu haben, wurde vor einiger Zeit IETab ersonnen, dabei wird der Internet Explorer quasi in den Firefox eingebettet, Tabs können auf Wunsch die eine oder andere Rendering Engine verwenden. Mit  "Coral IETab" gibt es nun eine erweiterte Version der Software, die so manches Extra-Feature spendiert bekommen hat.

Austausch

So lassen sich hier etwa Cookies zwischen den nativen Firefox- und den IE-Tabs teilen, zweifaches Einloggen auf ein und derselben Seite entfällt also. Ein zusätzliches Plus: Die Adlock Plus-Erweiterung von Firefox kann auch in den IE-Tabs genutzt werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Mit der zunehmende Präsenz von sozialen Netzwerken geben wir zwar alle immer mehr Informationen über uns selbst preis, nicht immer ist es aber so einfach all diese Datenstränge auch mit ein und der selben Person zu verknüpfen. Wer sich über die öffentlichen Aktivitäten einer bislang unbekannten Person informieren will, muss hierfür schon etwas Zeit investieren.

Identitäten

Einen schnellen Überblick über das Gegenüber soll die Firefox-Erweiterung "Identify" geben. Diese verspricht UserInnen in sozialen Netzwerken identifizieren zu können - bzw. die vorhandenen Informationen zusammen zu führen. So lässt sich dann etwa auf den Profiil-Seiten von Flickr oder Twitter mit Alt-i (Windows, Linux) oder Ctrl-i (Mac) ein Overlay einblenden, das zusätzliche Daten blenden soll.

API

Bislang liefert dies zwar nur bei wenigen Accounts auch wirklich eine relevante Mehrinformation, mit der zunehmenden Verknüpfung von Daten wird sich dies aber wohl bald ändern. Immerhin greift man im Hintergrund auf die Social Graph API von Google zu.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die jüngste der hier vorgestellten Anwendungen ist das "Google Sidewiki", wurde es doch erst vor wenigen Tagen der Öffentlichkeit präsentiert. Damit will Google nicht weniger als eine Art globales Kommentarsystem für das gesamte Internet schaffen.

Kommentar

So können dann die UserInnen ihre Meinung über einzelnen Webseiten kundtun, der Name weist deutet es aber schon an: Google geht es nicht so sehr um kurze Kommentare, sondern um die Möglichkeit relevante Zusatzinformationen - von Links bis zu wissenschaftlichen Fakten - zu einzelnen Artikeln zu sammeln. Entsprechend werden solche Beiträge von Haus aus auch nicht nach ihrem Erstellungsdatum sondern nach ihrer Relevanz / Qualität sortiert.

Privacy

Das Sidewiki wird mit der aktuellen Version des Google Toolbar mitgeliefert, will man die Möglichkeiten der Erweiterung nutzen, sollte man den zugehörigen Privacy-Hinweis nicht übersehen: Ist es zur Funktion doch nötig, dass Google darüber informiert wird, welche Seite man gerade besucht. Dafür wird dann auch bei Seiten, die schon einen Sidewiki-Eintrag haben, automatisch angezeigt, wenn bereits Kommentare hierfür vorhanden sind.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Oft ist es nützlich einen Screenshot einer Webpage zu machen, sei es um Darstellungsproblem zu dokumentieren, sei es um amüsante Fehler für die Nachwelt festzuhalten. Für diese Aufgabe dient sich "Talon" an. Dabei kann wahlweise der gerade sichtbare Bereich, die ganze Seite oder ein gezielt vorgenommener Ausschnitt festgehalten werden.

Kopie

Das Ergebnis kann dann entweder in den Zwischenspeicher kopiert oder auf die lokale Festplatte gespeichert werden. So richtig interessant wird es aber, wenn man einen Account bei Aviary hat. Denn dann integriert sich die Erweiterung mit den dort gebotenen Online-Anwendungen.

Editor

Von Haus aus werden die Bilder dann an eine einfachen Editor geschickt, der vor allem für kleine Anmerkungen gedacht ist. Es gibt allerdings auch eine umfangreichere Bildbearbeitung oder ein Effekt-Tool. Die damit erzielten Ergebnisse lassen sich dann auch gleich bei Aviary hosten und mit anderen sharen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Eine weiteres Mozilla-Experiment ist "Snowl": Mit diesem will der Browser-Hersteller so etwas wie eine einheitliche Nachrichtenzentrale etablieren, Informationen aus verschiedensten Quellen sollen hier zu einem gemeinsamen Stream zusammenlaufen. Im Moment bedeutet dies vor allem die Übernahme von Informationen aus RSS-Feeds und Twitter - bei letzterem können auch neue Nachrichten direkt erstellt werden.

Umleitung

Snowl integriert sich dabei vorbildlich mit dem Firefox, so wird etwa die dem Browser inhärente RSS-Unterstützung auf die Erweiterung umgeleitet. Ebenfalls in die Kategorie "gut mitgedacht" fällt die Möglichkeit RSS-Feeds aus anderen gerade geöffneten Tabs auf die Schnelle in den eigenen Nachrichtenstream aufzunehmen.

Ansichtssache

Bei der optischen Umsetzung stehen unterschiedliche Ansichten zur Auswahl, etwa eine klassische Ansicht, die einem E-Mail-Client ähnelt. Am besten für das "flache" Konzept von Snowl ist aber wohl die "River of News" genannte Darstellung, die einfach alle Nachrichten chronologisch darstellt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Eine der zentralen Neuerung mit Firefox 3.0 war die Einführung des "Awesomebars", der die klassische URL-Zeile ersetzt hat. Mit Firefox 3.5 hat man noch mal ordentlich nachgebessert - und dabei vor allem die Performance gesteigert. Dass hier aber auch in Feature-Hinsicht noch wesentlich mehr möglich ist, zeigt "CyberSearch".

Keyword

Das Firefox Add-On erlaubt es diverse Suchmaschinen gezielt über Keywords aus dem Awesomebar heraus anzusteuern. Das geht zwar beim Firefox auch schon in der Grundeinstellung, bei der Cybersearch werden die Ergebnisse aber gleich direkt unter der Eingabe angezeigt. Die Keywords vom "normalen" Suchfensters lassen sich dabei auf Wunsch übernehmen.

Auswahl

Einige Services sind bereits von Haus eingetragen, vor allem die Unterschiedlichen Google-Angebote sind hier stark vertreten, acht Spezialsuchen lassen sich umgehend nutzen. Zusätzlich ist es aber auch möglich eigene Suchen hinzuzufügen - samt dem zugehörigen Icon versteht sich.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Zur Abrundung noch zwei Erweiterungen, die sich der Verbesserung von beliebten Google-Services widmen: So vereint "Better Greader" eine Reihe von Greasemonkey-Skripts, die dem Google Reader neue Tricks - und optional auch eine alternatives Aussehen beibringen. Für Letzteres stehen diverse Skins zur Verfügung, darunter auch der äußerst gelungene Helvetireader von Designer John Hicks, der einst das Firefox-Logo entworfen hat.

Vermischtes

Zusätzlich werden nach der Installation der Erweiterung die korrekten Favicons bei den Feeds angezeigt, wer es gern minimal mag, kann auch zahlreiche Elemente gezielt ausblenden. Außerdem kann mit einem Klick auf die Titelzeile der Originalartikel direkt im Google Reader geladen werden, beim Favicon des Google Reader selbst kann eine kleine Grafik mit der Anzahl der ungelesenen Nachrichten hinzugefügt werden.

Mail

Das Pendant für Googles Mail-Programm nennt sich "Better GMail", auch hier gibt es die Zahl der ungelesenen Nachrichten direkt im Tab, Chat oder die Einladungs-Box lassen sich vollständig ausblenden. Außerdem gibt es Attachement Icons und hierarchische sortierte Labels. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 27.09.2009)

Screenshot: Andreas Proschofsky