Wien - Wenn man juristische Beratung braucht, nehmen viele Menschen gerne die Angebote zur kostenfreien Rechtsberatung an. Das Verbraucherschutzmagazin "Konsument" nahm deshalb acht Wiener Rechtsanwälte und vier Notare unter die Lupe. Fazit: Kostenlose Erstgespräche reichen oft nicht aus, das Honorar kann nach dem Erstgespräch teuer werden. Lieber sollte man im Voraus mit den Juristen Kosten und Art der Berechnung klären.

Die Tester baten Rechtsanwälte oder Notare um ihre juristische Meinung zu einem Immobilienkaufvertrag. Um besser einschätzen zu können, wie sehr sich die Juristen mit dem Vertragsentwurf auseinandersetzten, wurden einige Fehler eingebaut.

Prüfkriterien

Bei den Rechtsanwälten wurden jene ausgewählt, die sich laut Auskunft auf der Homepage der Rechtsanwaltskammer (rechtsanwaelte.at) auf Vertragsrecht spezialisiert haben. Prüfkriterien waren, ob es ein kostenloses Erstgespräch gab, wie weit dabei auf die grundlegenden Probleme des Vertrags eingegangen wurde, wie das Gespräch ablief, ob man zu kostenpflichtigen Leistungen gedrängt wurde und welche Kosten dafür in Aussicht gestellt wurden.

Pauschalhonorar auszuhandeln

Gleich vorweg, es wurden keine gravierenden Unterschiede zwischen den Honoraren von Notaren und Rechtsanwälten festgestellt. Die Konsumenten haben aber die Möglichkeit, zu verhandeln, und sollten dies auch unbedingt tun. Denn die Zeiten, in denen Rechtsanwälte und Notare standesrechtlich zu Mindesthonoraren für gewisse Leistungen verpflichtet waren, sind vorbei. Wer unliebsame Überraschungen vermeiden möchte, tut gut daran, ein Pauschalhonorar auszuhandeln.

Auch kostenloses Erstgespräch muss vereinbart werden

Viele glauben, das juristische Erstgespräch sei in jedem Fall gratis. Dies trifft aber lediglich für Notare verpflichtend zu. Bei Rechtsanwälten ist das Erstgespräch nur dann kostenlos, wenn es ausdrücklich so vereinbart wurde.

Unterschiedlicher Erstkontakt

Gar keine Auskunft am Telefon gab es beim Erstkontakt im "Konsument"-Test nur in zwei Fällen. Ein Rechtsanwalt erklärte, dass er grundsätzlich keine unentgeltlichen Auskünfte erteile.

Ein Notar meinte, er müsse den Vertragsentwurf im Detail prüfen, um beurteilen zu können, ob dieser in Ordnung sei. Dafür würde er allerdings rund 2.400 Euro in Rechnung stellen.Für eine qualifizierte Stellungnahme ist gegen das Lesen des Vertrags natürlich nichts einzuwenden, dass der Kunde dafür zuerst aber 2.400 Euro auf den Tisch legen soll schon. Dieser Umstand verträgt sich nicht mit der Tatsache, dass bei Notaren das Erstgespräch grundsätzlich kostenlos ist.

Sechs Juristen ließen sich den Vertragsentwurf per Fax zusenden. Bei den darauffolgenden Gesprächen nahmen sie sich am Telefon jeweils rund zehn bis 15 Minuten Zeit für die Testperson. Einige lieferten auch Tipps und Ratschläge, die über den Vertrag hinausgingen. Eine Kanzlei schickte den Vertrag sogar mit  Anmerkungen zurück.

Kostenpflichtige Leistungen werden als Service angeboten

Die meisten Kanzleien versuchten, der Testperson ihre kostenpflichtigen Leistungen zu verkaufen. Von fast allen wurde das aber korrekt als zusätzlicher Service angeboten, nur in zwei Fällen fühlten sich unsere Tester dabei gedrängt.

Treuhändische Abwicklung

Allen Angeboten gemeinsam war die treuhändische Abwicklung, die gewährleisten soll, dass die Kaufsumme vom Notar oder Anwalt erst dann weitergegeben wird, wenn der Käufer vertragsgemäß als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Der Rest der Angebote war sehr uneinheitlich und reichte von der Vertragserstellung bis zu Gesamtpaketen, die auch die grundbücherliche Abwicklung und Beratungsleistungen beinhalteten.

"Haus- und Wohnungs-Check" bei allen vermisst

Was von den Testern in allen Fällen vermisst wurde, war der Hinweis auf den "Haus- und Wohnungs-Check", ein Servicepaket der Rechtsanwaltskammer um 120 Euro, das laut deren Homepage Beratung zu grundlegenden Fragen betreffend den Haus- und Wohnungskauf beinhaltet. Dieses Paket wurde von keinem der Rechtsanwälte angesprochen. Erstaunlich vor allem bei einer Kanzlei, die sogar auf der Homepage der Niederösterreichischen Rechtsanwaltskammer explizit als Teilnehmer dieser Serviceaktion ausgewiesen ist. Bei den stattdessen angebotenen Leistungen schwankten die Preisangaben erheblich: Sie lagen zwischen insgesamt 2.000 und 6.000 Euro. Beratung wurde zu Preisen zwischen 100 und 2.400 Euro offeriert.

Begleitung des Erwerbs

Die Begleitung des Erwerbs wurde mit 1,5 bis drei Prozent des Kaufpreises veranschlagt, pauschal mit 3.500 Euro, oder es wurden Stundensätze zu 300 Euro angeboten. Bei einem Kaufpreis von 200.000 Euro kamen die Tester so insgesamt auf Honorare zwischen 2.000 und 6.000 Euro.(APA)