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Steffen Hofmann am 17. 9. 2009 im Wiener Happel-Stadion. Der 1,73 Meter große Rapidler war Torschütze und Regisseur beim 3:0 gegen Hamburg. "Grenzen sind immer dort, wo man sie sich selbst steckt." Gott sei er aber natürlich keiner.

Foto: APA/ HERBERT P. OCZERET

Standard: Wie schläft man nach einem 3:0 gegen den Hamburger SV? Und wie wacht man auf? 
Hofmann:
Nach solchen Spielen ist das Einschlafen extrem schwierig. Man geht das Match durch, da rennen bestimmte Szenen wie ein Film ab. In dir steckt noch Adrenalin, du bist einerseits zu aufgeregt zum Schlafen, anderseits zu müde. Trotzdem fühlt man sich beim Aufwachen sehr wohl.  

Standard: Vor dem Match haben Sie gesagt, dass Rapid die Qualität besitze, jeden Gegner zu ärgern. Eine kleine Fehleinschätzung. Rapid hat offensichtlich sogar die Qualität, jeden Gegner zu schlagen.
Hofmann:
Ja, irren ist menschlich. Wir haben gegen den Ersten der deutschen Bundesliga verdient gewonnen. Der Beweis, dass unsere Qualität hoch ist, wurde geliefert.

Standard: Sie haben auch gemeint, man dürfe sich nicht kleiner machen, als man ist. Das mag ein österreichisches Phänomen sein. Wie groß ist Rapid, nachdem Aston Villa eliminiert und der HSV deklassiert wurde?
Hofmann:
Das Kleinreden ist tatsächlich ein österreichisches Problem. Das nächste Problem ist, dass man nach Erfolgen gleich glaubt, zu den ganz Großen zu gehören. Ich denke, wir haben lediglich etwas Tolles geleistet. Wichtig wäre, auch im nächsten Jahr international vertreten zu sein. Wir können das schaffen. Erst dann wäre das Tolle auch außergewöhnlich.

Standard: Mit Zufall lassen sich die Erfolge wohl nicht mehr erklären. Woran liegt es?
Hofmann:
Wir haben viele gute Fußballer, sind eine gewachsene Einheit, die sowohl auf dem Platz als auch außerhalb des Platzes zusammenhält, die für einander da ist. Das macht sich bemerkbar.

Standard: Man hat das Gefühl, es könnten noch 23 Spieler verkauft werden und sich weitere 15 verletzen, die Mannschaft würde trotzdem funktionieren. Ist die Ersetzbarkeit des Einzelnen, einige Personen vielleicht ausgenommen, der Schlüssel?
Hofmann:
Ja, auch. Es ist schön, dass Ausfälle und spektakuläre Abgänge verkraftet werden. Junge rücken nach, und die Alten bleiben verlässliche Stützen. Rapid muss diesen Weg gehen. Als Erwin Hoffer und Stefan Maierhofer ins Ausland verkauft wurden, habe ich mich für die beiden gefreut. Denn sie haben es unbedingt gewollt.

Standard: Als Deutscher haben Sie den Vorteil, bereits im Ausland, also Legionär zu sein.
Hofmann:
Stimmt.

Standard: Trainer Peter Pacult gilt mitunter als schwieriger Charakter. Den Beweis, ein ausgezeichneter Trainer zu sein, hat er aber längst geliefert. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm? Was zeichnet Pacult aus?
Hofmann:
Dass der Trainer nicht immer der Einfachste ist, das wissen wir alle. Man muss sich darauf einstellen. Gelingt das, kann man mit ihm sehr erfolgreich sein. Pacult hat Fußballverstand und ein gutes Auge für Spieler. Er weiß genau, was einer kann. Er fördert die Stärken, holt alles aus uns raus.

Standard: Um Rapid wird ein ziemlicher Kult betrieben, das gleitet fast ins Religiöse ab.
Hofmann:
Der Klub hat Charisma. Da herrscht eine Verbundenheit zwischen Spielern und Fans. Alle fühlen sich als große Familie.

Standard: Wird Ihr Namen vom Moderator aufgerufen, schreien tausende Leute Fußballgott. Wie wird man Gott in Hütteldorf?
Hofmann:
Ich bin nicht Gott, keine Sorge. Es ist aber eine große Ehre. Man darf sich in diesem Zusammenhang über den Ausdruck Gott keine Gedanken machen, insofern beängstigt das nicht. Die Leistungen werden honoriert, und das ist das Schönste, was einem Fußballer passieren kann.

Standard: Sie verkörpern den echten Rapidler. Was soll das eigentlich heißen, wie muss der sein?
Hofmann:
Schwer zu beurteilen. Ich kenne Rapid seit sieben Jahren. Ich bin einer, der immer alles gibt, und das ist für den Fan eines Traditionsklubs das Allerwichtigste.

Standard: In Österreich werden Siege oft auf die Schwäche des Gegners zurückgeführt. Rapid durchbricht momentan dieses Prinzip. Wo sind die Grenzen?
Hofmann:
Die Grenzen sind immer dort, wo man sie sich selbst im Kopf steckt. Ich behaupte: Alles ist möglich. Wobei wir in der Gruppe noch nichts erreicht haben. Wir haben mit dem 3:0 einen wichtigen Schritt getan und uns einen weiteren Schub Selbstvertrauen geholt.

Standard: Rapid, die Taschenbuchausgabe von Barcelona?
Hofmann:
Rapid und Barcelona sollte man nicht in einem Atemzug nennen, das ist ziemlich kühn.

Standard: Sie gelten als harmoniesüchtig, müssen sich bei der Arbeit wohl fühlen. Anders gefragt: Ist Geld im Profifußball doch nicht alles?
Hofmann:
Beides stimmt. Es gibt immer die Möglichkeit, mehr Geld zu verdienen. Natürlich ist mir der Gehaltszettel nicht egal, aber es gibt entscheidendere Dinge.

Standard: Ihr Vertrag endet im Sommer. Wie wahrscheinlich ist eine Verlängerung?
Hofmann:
Das wird man sehen. Jeder weiß, dass ich hier familiäre Wurzeln geschlagen habe. Wien ist meine zweite Heimat. Man soll sich aber nie zu weit aus dem Fenster lehnen und sagen, ich bleibe für immer da, oder ich wechsle irgendwann einmal. Ich mache keine Schnellschüsse, überlege genau.

Standard: Maierhofer wollte stets in die Premier League, er ist dort. Haben Sie fußballerische Träume?
Hofmann:
Natürlich, aber die sind auf verschiedene Arten erfüllbar. Die könnte ich alle auch mit Rapid realisieren.

Standard: Freuen Sie sich eigentlich auf den Sonntag, auf das Cupspiel in St. Veit an der Glan?
Hofmann:
Eine schwierige Aufgabe. Nach dem Aufstieg gegen Aston Villa kam gleich das Wiener Derby, das war ideal. Da konnte man automatisch leidenschaftlich sein. Wahrscheinlich ist St. Veit komplizierter als der HSV. Vom Kopf her. (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe, Samstag, 19. September 2009)