Wilfried Stadler, Anton Pelinka, Alexandra Föderl-Schmid (Moderation), Hannelore Weck-Hannemann, Christoph Badelt (v. li.)

Foto: Matthias Cremer

Wien - Queen Elizabeth II war auch da. Rhetorisch nur, dafür aber mit einer umso triftigeren Frage: "Why did no one see the crisis coming?" Mit dieser königlichen Frage leitete Ex-Wifo-Chef Helmut Kramer am Donnerstagnachmittag eine Tagung der Marshallplan-Jubiläumsstiftung in der Nationalbank ein.

Zu verhandeln war das Generalthema "Die gesellschaftliche Rolle der Universitäten - Gewinnen Universitäten durch fachübergreifende Schwerpunkte an Profil und Relevanz?" Die große K-Frage - die Krise der Finanzmärkte und der Realwirtschaft - drängte sich dabei fast automatisch in die von Standard-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid moderierte Debatte.

Haben Unis und Wissenschafter versagt, weil sie die Krise nicht vorausgesagt haben? Hätten sie besser warnen können, wenn sie fachübergreifend arbeiten würden?

Christoph Badelt, WU-Rektor und Chef der Universitätenkonferenz, wollte da schon "diskret darauf aufmerksam machen, dass es viele große gesellschaftliche Fragen gibt, zu denen die Wissenschaft Antworten gegeben hat, diese aber von der Politik und der Gesellschaft seit Jahren ignoriert oder bekämpft werden" . Etwa Studien zu Ungleichheit und Armut.

Oder in der Umweltökonomie, deren Ergebnisse jahrelang nicht beachtet worden seien, ergänzte Hannelore Weck-Hannemann, Dekanin an der Uni Innsbruck und Präsidentin des Akkreditierungsrates. Zugleich sei es im Wissenschaftssystem sehr wohl so, dass der hohe Publikationsdruck, der nun einmal (noch) der dominierende Bewertungsmaßstab für wissenschaftliche Karrieren ist, auch die Themenwahl oft einschränke auf Themen, die auch in messbaren Indikatoren ausgedrückt werden könnten. Gesellschaftlich vielleicht relevantere, brennendere Themen seien dann aber, wenn man den Anschluss an die Scientific Community nicht verlieren wolle, vielleicht nicht so attraktiv für Forscher. Eines ist Weck-Hannemann jedenfalls aufgefallen: "Meine älteren Kollegen haben noch viel stärker zu Fragen des allgemeinen Geschehens Stellung genommen, die jüngeren setzen vor allem auf Publikationen." - Weil das ja auch vom Wissenschaftssystem gefordert und honoriert wird.

Für eine neue Hinwendung der Wissenschaft zur Gesellschaft trat auch Wilfried Stadler ein. Der vormalige Vorstand der Investkredit wünschte sich "von der Akademia Mut zum Einmischen, sie soll sich auch thesenhaft zu gesellschaftlich relevanten Themen öffentlich äußern" . Studierende wie Lehrende müssten "dem Kreislaufzusammenhang mit der Gesellschaft wieder zurückgegeben werden" . Umgekehrt sprach sich der Publizist aber auch für eine "Rückkehr des Politischen in die Ökonomie" aus.

Da passte Anton Pelinkas Kritik gut dazu. Der Politik-Professor von der Central European University Budapest spiegelte die (starke oder schwache) Rolle der Unis in der Gesellschaft mit der dafür verantwortlichen Politik und erklärte das anhand der SPÖ, "die sich seit den 1980er-Jahren von der Uni-Politik abgemeldet hat" und der "Lebenslüge des freien Hochschulzugangs" und dem Kampf gegen Studiengebühren widme. Bei aller Krise - "das kann die Uni nicht ersetzen, dass die größte österreichische Partei in der Uni-Politik nicht existent ist". (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD-Printausgabe, 19./20. September 2009)