Mittwochabend schlug eine vom Truppenübungsplatz Allentsteig abgefeuerte Granate des Bundesheeres in ein Wohngebiet ein.

Foto: Standard/Christian Fischer

Maria Müllner kehrt die Scherben von Fenstern und Türe zusammen. Auch Dach und Auto haben bei der Granatenexplosion Schäden erlitten. Marias Mann entging nur knapp einer Katastrophe.

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Allentsteig - "Es hat einen Kracher gemacht, ich hab geglaubt, mir haut's die Ohren durch." Hilde Latzenhofer stand am Mittwoch gegen 17.40 Uhr in ihrem Vorgarten am Stadtrand Allentsteigs, als die Granate wenige Schritte von ihrem Haus entfernt in die Straße einschlug. "Im ersten Moment hab ich geglaubt, das Haus eines Nachbarn ist explodiert" , erzählt die Pensionistin. Mehrere Fenster ihres Gebäudes barsten, ein Granatensplitter zerfetzte den Türstock, Dach und Dachrinne sind beschädigt.

Das Geschoß war bei einer jährlich stattfindenden Gefechtsübung von rund 500 Mann der Militärakademie Wiener Neustadt abgefeuert worden. Nach Angaben Oberst Michael Bauers vom Verteidigungsministerium verfehlte die von einer Panzerhaubitze (vom Typ M109) abgefeuerte Granate um drei Kilometer ihr Ziel. Ein Vorfall, wie Bauer ihn in seiner 22-jährigen Militärlaufbahn noch nie erlebt habe. In dem Artilleriegeschütz hätten sich Soldaten mit zwei bis vier Jahren Berufserfahrung befunden, geschossen hätten erfahrenere Berufssoldaten.

Mindestens sechs Gebäude, die Fahrbahn und ein Auto wurden beschädigt. Verletzte gab es keine.

Maria Müllner, die gegenüber der Latzenhofers wohnt, kehrt Donnerstagmittag die Scherben vor ihrem Haus zusammen. Vom Vordach über der Eingangstüre biegen sich seit der Explosion vier lange Holzlatten herab. Die Außenfassade, mehrere Fenster sowie das Dach hat es erwischt. Und das Auto: Maria Müllners Mann Engelbert fuhr damit gerade um die Ecke, als die Granate wenige Meter vor ihm in die Fahrbahn einschlug. "Im ersten Moment hab ich nur eine Staubwolke gesehen, dann, nach wenigen Metern, das Einschlagloch."

Am Donnerstag ist die Straße rund um den Krater vom Durchmesser eines halben Meters abgesperrt. Soeben war eine Delegation des Bundesheeres bei Müllners, um die Schäden aufzunehmen. Den Betroffenen wurde versichert, das Heer werde dafür aufkommen. "Ich denke schon, dass das ordentlich ablaufen wird" , sagt Frau Müllner.

Werner Schaidl, der aus seinem Haus direkt auf das Einschlagloch sehen kann, wartet am Donnerstag noch auf den Besuch der Uniformierten. Er beklagt eine kaputte Eingangstüre, ein beschädigtes Garagentor und etliche zersprungene Fensterscheiben. Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) hat er in der Früh bereits die Hand geschüttelt und die Schäden gezeigt.

Der Minister war zu Besuch in Allentsteig, versprach rapide Aufklärung und unbürokratische Hilfe. "So etwas darf einfach nicht passieren" , sagte Darabos. Er bedaure den Vorfall "zutiefst" .

Wie es zu diesem Zwischenfall kommen konnte, war Donnerstagnachmittag noch unklar. Eine Untersuchungskommission des Bundesheeres, der unter anderem Munitionstechniker angehören, war noch damit beschäftigt, die Daten einer Art Bordcomputer der Panzerhaubitze auszuwerten. Weder ein technischer Defekt noch ein Bedienungsfehler konnten ausgeschlossen werden. (Gudrun Springer, DER STANDARD - Printausgabe, 18. September 2009)