Standard: Sie schauen sich Rapid gegen den HSV an. Warum?

Horak: Ich habe ein Abo, ich gehe zu allen drei Heimspielen. Wir sind eine Freundesrunde, das ist wichtig, alleine wär es vermutlich zu fad im Stadion, zu zehnt ist es lustig. Seit 15 Jahren schauen wir gemeinsam die Auswärtspartien im Fernsehen an. Beim Wirten. Aber natürlich wollen wir Rapid live sehen, die waren zuletzt brav.

Standard: Rund 280.000 Fans werden die zwölf Heimspiele der vier österreichischen Klubs besuchen. In keinem anderen Land herrschte so ein Run auf Karten für die Europa League. Ist das die Sehnsucht nach dem Außergewöhnlichen?

Horak: Vermutlich. Bei Rapid ist es relativ klar, die haben international nicht viel gerissen, das Scheitern an den Kollegen aus Zypern im Vorjahr war deprimierend. Es hängt auch mit dem komischen Nationalteam zusammen, mit diesem eigenartigen Jugendwahn, der wohl nur teilweise stimmt. Aber er spielt im Geiste mit. Als Rapid einst im Tabellenkeller herumkrebste, sind auf einmal massenhaft Leute gekommen. Ich verstehe es nicht, habe keine Idee.

Standard: Die Ausnahme ist Red Bull Salzburg. Die gelten als Geldsäcke, ein Großteil der Öffentlichkeit vergönnte das Scheitern an der Champions League. Typisch für die österreichische Seele, oder?

Horak: Ja, das Schleckerpatz hat Tradition. Rapid war schlau, hat sich als Gegenpol positioniert. Authentischer Klub, Tradition, Eigenbau, Sparmeister. Den Schmäh haben sie immer schon gemacht.

Standard: Die Wiener Austria hat sich offensichtlich auch wieder ihrer Tradition besonnen. Die Stronach-Epoche ist überstanden, eine gewisse Umkehr hat stattgefunden.

Horak: Sogar eine große Umkehr. Die Fans sind erleichtert, dass es ohne das große Geld von Stronach sogar besser geht.

Standard: Sturm Graz ist quasi der kleine Bruder von Rapid, die beiden Vereine ticken ähnlich.

Horak: Ja, ein zulässiger Vergleich.

Standard: Rapid hat Aston Villa rausgeworfen. Die Geschichte vom David, der den Goliath watscht, kommt immer noch gut an.

Horak: Natürlich, das war ein krasser Fall. Weil England das Land des Fußballs und besonders groß ist.

Standard: Der Fußballboom findet ausgerechnet mitten in der Wirtschaftskrise statt. Firmen sperren, Gehälter werden gekürzt, Leute gekündigt. Haut man das letzte Geld für Abos raus, weil alles wurscht ist?

Horak: Es gibt die These, dass in schlechten Zeiten immer gutes Kabarett und guter Fußball gezeigt werden. Das stimmt irgendwie. Die Bereitschaft, Geld für unter Anführungszeichen völlig sinnlose Dinge auszugeben, wird durch die Krise fast gefördert.

Standard: Lassen wir Salzburg weg. Rundherum kracht es, Rapid, Austria und Sturm bauen Schulden ab, schaffen Reserven an. Verrückt?

Horak: Nein, das ist eher Zufall.

Standard: Man verdrängt, dass die Europa League trotzdem nur die zweite Leistungsstufe ist.

Horak: Das ist klassisch österreichisch. Auf einmal ist die Europa League das Größte. Die Champions League, für die sich zum Beispiel die Ungarn von Debrecen qualifiziert haben, zählt diesmal nichts. Anderseits sind wir wenigstens in der zweiten Stufe dick da.

Standard: Sollten alle vier Teams in der Gruppenphase scheitern, hätte das gröbere Folgen?

Horak: Nein, nur das übliche Gejammere. Aber man muss erwähnen, dass das Land gute junge Kicker hat. Drazan, Pehlivan, Jantscher, Beichler, die Liste ist lang.

Standard: Schlägt Rapid den HSV?

Horak: Nein, bestenfalls ein Remis. (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe, 16.9.2009)