Der Schädel von Spinophorosaurus nigerensis mit den charakteristischen spitzen Sauropoden-Zähnen, die nicht zum Zermahlen geeignet waren.

Foto: Staatliches Naturhistorisches Museum Braunschweig

Bonn/Braunschweig - Zwei Skelette einer bisher unbekannten Dinoaurierart sind in Niger von einem internationalen Forscherteam entdeckt worden. Die als Spinophorosaurus nigerensis bezeichnete Sauropoden-Art stapfte vor rund 170 Millionen Jahren über die Erde, wie die Universität Bonn am Mittwoch mitteilte. Das ist etwa 50 Millionen Jahre nachdem sich die ersten Sauropoden entwickelten, aber noch vor der Epoche, in der sie ihre größte Artenvielfalt erreichten.

Alt und klein

Im Vergleich zu späteren Sauropoden-Arten wie Brachiosaurus oder Diplodocus war er auch noch relativ klein: Spinophorosaurus maß von der Schnauze bis zur Schwanzspitze etwa 13 Meter und hatte alle Merkmale eines "ordentlichen Sauropoden", erklärten die Forscher. Dazu gehörten vier Säulenbeine und ein langer Hals mit einem kleinen Kopf. Der Name des Sauriers bedeutet übersetzt "Stacheltragende Echse": Verknöcherte Dornen, die er zur Verteidigung auf seiner Schwanzspitze getragen haben könnte, seien ein weiterer Hinweis auf seinen Platz nahe den Wurzeln des Sauropoden-Stammbaums.

"Die spätere Geschichte der Sauropoden kennen wir gut, aber über ihre frühe Evolution wissen wir erschreckend wenig", sagte der Bonner Paläontologe Kristian Remes. Er wurde von den Entdeckern der Spinophorosaurus-Skelette zur wissenschaftlichen Bearbeitung hinzugezogen. Fossile Sauropoden stammen zumeist aus späteren Abschnitten des Jura sowie aus der Kreidezeit. Extrem rar seien dagegen Funde aus der Zeit vor etwa 200 bis 170 Millionen Jahren, als die Riesenechsen entstanden. "Vollständige Skelette von primitiven Formen hatten wir bisher nur sehr wenige", erklärt Remes. Die Entdeckung zweier fast vollständiger Exemplare sei ein Glücksfall. Ein Exemplar ist ab 21. Oktober in einer Sonderausstellung im Staatlichen Naturhistorischen Museum Braunschweig zu sehen.

Besserer Einblick in Artenvielfalt und Evolution

Der Fund des Paläontologen-Teams aus Deutschland und Spanien ermöglicht nun neue Einblicke in die Evolution der Riesensaurier. So lebte Spinophorosaurus im Norden des damaligen Großkontinents Gondwana, also im heutigen Nordafrika. Die vorher gefundenen Skelette primitiver Sauropoden kamen aus dem Süden Gondwanas - also dem heutigen Südamerika und Indien - sowie aus China. Zwischen den Verwandten gebe es Unterschiede, hieß es.

"Vielleicht stellen die Sauropoden des südlichen Gondwana eine Spezialisierungslinie dar", sagte Remes. Der Süden des Superkontinents sei durch ein riesiges Wüstenband vom Norden getrennt gewesen. Die Vermutung des Experten: Feuchtwarmes Klima und eine üppige Vegetation riefen bei den Dinosauriern andere Entwicklungen hervor als die trockenen Sommer des Südens. "Bisher hatten wir keinen Beweis für klimatisch bedingte Spezialisierungen wie bei den Säugetieren", erklärte Remes. (APA/AP/red)