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"Balkan Express", € 39,99. ORF, 3sat, pretv; Vertrieb: Hoanzl, Wien 2009

Foto: APA/Hoanzl

Der Balkan Express, zehn Dokumentationen über südosteuropäische Staaten, die in Zusammenarbeit der European Stability Initiative (ESI) und der Erste Stiftung entstand, wandelt auf den Spuren der osmanischen Vergangenheit. Das ist das erste Verdienst der Reihe, kann man doch den Balkan des 21. Jahrhunderts nicht verstehen, wenn man nicht die Suche nach Nationalstaatlichkeit Ende des 20. Jahrhunderts auf Basis der jahrhundertelangen Herrschaft der Osmanen begreift. Die osmanische Epoche ist bis heute Schablone und Projektionsfläche für politische Bewegungen auf dem Balkan geblieben.

Vorsichtig und ausgewogen beschäftigt sich der Balkan Express denn auch mit dem Krieg in Bosnien-Herzegowina (1992-1995) und weicht in zahlreichen Interviews auch nicht der Frage der Schuld aus, die eben nach wie vor eine zentrale ist.

Das zweite Verdienst der Autoren liegt darin, dass sie nicht in den Umwälzungen der 1990ern und ihrer Bewältigung verweilen und damit einem Klischee ausweichen. Der Zuseher bekommt auch eine Dosis "wilder Balkan" serviert, den man etwa in den Bergen Montenegros finden kann, wo nach wie vor Menschen in einer vorindustriellen und vormodernen Zeit leben.

Aber auch der "wilde Balkan" wird konterkariert (drittes Verdienst!): mit Dokus des Wirtschaftsbooms in Bulgarien, der Armut und kaputten Industrie in Ex-Jugoslawien. Kritik gibt es auch an EU-Europa, das die Integration ja nicht einmal halbherzig betreibt. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD; Printausgabe, 12./13.9.2009)