Jacob Alt: Ballonfahrt über Wien (Aquarell, 1847)

 

 

Foto: Wien Museum

Wien - "Biedermeier hat Konjunktur", stellt Ralph Gleis, Kurator des Wien Museums, fest. Während im Unteren Belvedere noch bis 11. Oktober eine facettenreiche Waldmüller-Ausstellung zu sehen ist, zeigt das Wien Museum Karlsplatz bis 17. Jänner eine Ausstellung zur "Malerei des Biedermeier". Bei den an das Wien Museum herangetragenen Leih-Anfragen liege das Biedermeier hinter dem Thema "Wien um 1900" auf Platz zwei, schilderte Direktor Wolfgang Kos bei der Presseführung am Mittwoch.

Kos sieht die auf eine große Schenkung des Fürsten Johann II. von und zu Liechtenstein im Jahr 1894 zurückgehenden Biedermeier-Bestände seines Hauses im Vergleich zu anderen öffentlichen Sammlungen bei der Malerei auf dem zweiten Platz hinter dem Belvedere, bei der "alpinen Kombination" (Kos) mit Grafik, Möbeln und Kunsthandwerk gar auf Platz eins. Auch die Waldmüller-Schau der Konkurrenz, mit der man sich bestens verstehe (Kos: "Wir streiten mit keinem. Das ist ein Nachtteil, weil dann kämen wir öfter in die Zeitung. Wir werden uns was ausdenken..."), habe rund zehn bedeutende Gemälde des Wien Museums inkludiert. "Einige haben wir für unsere Schau nun vorzeitig zurückgebeten. Dazu haben wir noch zwei Werke des Belvedere bei uns hineingeschmuggelt."

Ansonsten greift die von Ausstellungsarchitekt Christian Sturminger einer biedermeierlichen Wohnung nachempfundene und nach den wichtigsten Bildgattungen der Zeit (Porträt, Genremalerei, Landschaft und Vedute, Blumenmalerei und Stillleben sowie Interieurs) gegliederte Präsentation nur auf hauseigene Bestände zurück. Zu sehen sind Gemälde, Grafik und kunstgewerbliche Gegenstände. Den Besucher empfängt nicht eines der bekannten Gemälde von Rudolf von Alt, Friedrich von Amerling oder Ferdinand Georg Waldmüller, sondern eine der Neuerwerbungen der vergangenen Jahre: Rosalia Amons "Junges Mädchen am Fenster mit Blumenstöcken". "Das zeigt, dass bei uns auch das Biedermeier sammlungsstrategisch keineswegs abgeschlossen ist", sagte Kos und freute sich, "dass wir dafür nichts zahlen mussten": Es handle sich nämlich um eine Schenkung des Freundes-Vereins des Wien Museums.

Weil man mittlerweile "genügend kritische Distanz" zum Biedermeier gewonnen habe, dürfe man sich ruhig "der Schaulust hingeben", meinte Kurator Gleis. Aber auch da lohnt es sich, genau hinzuschauen. Denn dann entdeckt man (angeleitet vom ausführlichen Bildtext) etwa bereits im Eingangsbereich in Josef Dannhausers "Hundekommödie" ein hochpolitisches Thema, das mitten hinein in so gar nicht heimelige Zeiten von Repression und Zensur führt. (APA)