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Düster geht die Welt zugrunde. Wer das nicht glaubt, oder sich grundsätzlich schwer tut in Depressionen zu versinken, dem kann mit einem neuen Druckwerk geholfen werden. Wer sich Horehound zu Gemüte führt, taucht garantiert ab in allerlei Schichten des Dies- und Jenseits. Ob schon Hades oder noch schippernd über den Styx am Weg dorthin: In die Welt der Heilkräuter entführt das Debütalbum von Dead Weather trotz des solcherart suggerierenden Titels nicht.

Andorn - das krautige Gepflanz, das schon die Griechen gegen allerlei Wehwechen einsetzten - liefert wohl den Titel für das krächzende, ächzende, schrill schrummende Verzweifeln eines Trupps alter Hasen und Häsinnen an der Welt. Dead Weather ist vermutlich weniger bekannt als seine Mitglieder und in dieser Formation so frisch wie der junge Morgen. Rock-Zampano Jack White gönnt sich nämlich neuerdings neben den White Stripes und The Raconteurs eine Drittband: Basis Nashville/ Tennessee. Was dabei heraus kommt ist - angesichts der Band-Mitglieder nicht überrraschend - echt gut: Schwer verdaulicher Electric-City-Blues trifft auf psychedelischen Heavy-Rock - die 70er lassen vom Anfang bis zum Ende der Scheibe grüßen. Heilwirkung zeitigt die schrille Mischung wohl nur bei Gleichgesinnten. Die mögen sich an dem ausgespuckten, hochtourig geschleuderten, bittersüßen, musikalischen Sirup laben. Alle anderen warten vergeblich aber nicht umsonst: Für Kurzweil ist gesorgt, Entspannung verschiebe man auf später.

Skizzen der Welt abgetrotzt

Dean Fertita von den Queens Of The Stone Age greift in die Gitarrensaiten, Jack Lawrence von den Raconteurs arbeitet sich am Bass ab, und weil White den Gesang größtenteils der in Indie-Kreisen immer gerne gesehenen Kills-Frontfrau Alison Mosshart überlässt, sorgt er selbst am Schlagzeug für Wirbel. Zum Großteil entspringen auch die Songs Mossharts Feder. Dem Zustandekommen des "Supertrupps" - entspricht auch die Skizzenhaftigkeit der Musik. Die Bandgründung verdankt sich nämlich dem Un- bzw. Zufall: Alison Mosshart war mit den Kills als Vorband von den Raconteurs auf Tour und vertrat Jack White am Mikro, als diesem die Stimme versagte. Nicht viel später landete The Dead Weather im Studio und nahm ein Album auf - innerhalb nur drei Wochen und - angesichts der eingestandenen Digital-Phobie von Frontman Withe nicht anders zu erwarten - analog.

Durch die Dunkelheit

Blues, Rock, Funk - es groovt und scheppert, weint wonnig und donnert düster: Wer ins Licht will, muss durch die Dunkelheit - so könnte die unausgesprochene Devise der Scheibe lauten. Das Licht bleibt am Ende aber ohnedies nur ein Versprechen. Da wird mit Inbrunst gewerkelt und barock und fett instrumentiert. Bob Dylans zweideutiger "Love"-Song "New Pony" ist nur noch entfernt zu erkennen, mit "I cut like a buffalo" und "3 birds" malt man gespenstisch und psychedelisch den Teufel in den Äther. Zuweilen übernimmt die Orgel das Kommando, zuweilen teilen sich Sound- und Nebelschwaden - die Erlösung aber bleibt einmal mehr aus: White durchdringt in "No hassel night" mit seiner androgynen Stimme die Luft, die zum Schneiden dick ist. In "Hang You From The Heavens" macht sich der Rest der Band über Jack Whites Schlagzeug her.

Fazit: Ganz schön versiert der Trupp für so ein Kurzzeitprojekt. Solide Schreiattacken, grundsolides Handwerk; richtig dreckiger Sound: Ein Muss für schwarze Raben und solche, die es noch werden wollen. (mareb)