Wien - In die Debatte um die Rehabilitierung von Wehrmachts-Deserteuren kommt neue Bewegung. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) will kommende Woche Gespräche mit Vertretern aller Parlamentsparteien führen und hofft nach den jüngsten Aussagen ihres Amtsvorgängers Andreas Khol, neben den Grünen auch die zuletzt abwartende ÖVP an Bord holen zu können. Eine Einigung mit allen Parlamentsparteien erwartet sie in dieser Sache allerdings nicht.

Von den Nazis verfolgte Kriegsdienstverweigerer wurden 2005 zwar sozialrechtlich mit anderen NS-Opfern gleichgestellt, im schwarz-orangen "Anerkennungsgesetz 2005" allerdings nicht explizit erwähnt. Prammer will das bereinigen und auch die bis heute nicht aufgehobenen Urteile über die Zwangssterilisation Tausender als "erbkrank" eingestufter Österreicher für unwirksam erklären. "Die Leute wünschen sich, auch die Hinterbliebenen, dass man die Dinge beim Namen nennt und nicht sagt, 'die waren eh gemeint, man muss nur die Erläuterungen lesen'", begründet Prammer die Initiative.

Kaum Hoffnung auf Fünf-Parteien-Einigung

Khol hatte am Donnerstag gemeint, er sei "überzeugt", dass auch die ÖVP einer Lösung zustimmen wird. Prammer will nun mit allen Fraktionen Gespräche führen. Auf eine Fünf-Parteien-Einigung macht sie sich aber wenig Hoffnungen. Ein Konsens sei realistischerweise wohl nur mit drei oder vier Parteien zu erwarten, so die Nationalratspräsidentin mit Blick auf FPÖ und BZÖ.

Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) kündigte indessen Gespräche mit der Kirche über die Zukunft des umstrittenen Militärseelsorgers Siegfried Lochner an. Dieser hatte sich rund um die Seligsprechung Franz Jägerstätters 2007 mit Kritik am "Jägerstätterkult" hervorgetan und gemeint, der von den Nazis geköpfte Kriegsdienstverweigerer sei eigentlich ein "bedauernswertes Opfer seines irrenden Gewissens". Die "frontgediente Generation" könnte sich durch die Seligsprechung "zu recht düpiert fühlen", so Lochner in der FPÖ-nahen Wochenzeitung "Zur Zeit".

Lochner ist immer noch an der Militärakademie in Wiener Neustadt tätig. Darabos betonte, er werde nun Gespräche mit der Kirche über den Seelsorger führe, da er selbst keinen Einfluss auf die Besetzung der Militärseelsorger habe. (APA)