Ein alter, schrulliger Wissenschafter im weißen Mantel sollte 2008 die Österreicher neugierig auf die "Lange Nacht der Forschung" machen: Für die Neuauflage am 7. 11. gibt es zwar noch keinen neuen Trailer, PR-Experten großer Forschungsinstitute fürchten sich aber schon jetzt davor. "Die Frage ist, warum man genau das Bild zeichnet, von dem wir seit Jahren in der öffentlichen Meinung weg wollen." Ein Aufschrei, den auch Paul Glück, Geschäftsführer der Agentur Braniacs, der gemeinsam mit der Agentur GPK die Lange Nacht nun zum zweiten Mal organisiert, hören musste.

Er gelobt nun Besserung: Zwar habe der ORF als Kooperationspartner freie Hand bei der Gestaltung, aber "ein alter, schrulliger Wissenschafter" wird sicher nicht mehr gezeigt. Der Agenturchef reiht diese Erkenntnis unter das Kapitel "gelernte Lektionen", eine Art Maßnahmenkatalog, der als Reaktion auf kritisches Feedback im vergangenen Jahr entstanden ist - und auch das Genderthema enthält, denn das war im Programm von 2008 "praktisch nicht vorhanden", wie eine Wissenschafterin dem Standard gegenüber bekräftigt. Auch das sieht Glück nun geändert. "Wir haben nicht nur eigene Stände zum Thema, zum Beispiel Frauen in der Technik in Innsbruck, wir haben auch das Programm nach Genderkriterien geschrieben."

Glück und das Organisationsteam mussten heuer bis in den März verhandeln, ob sie ein zweites Mal die Lange Nacht ausrichten dürfen. Nach den Neuwahlen 2008 stand die Vertragsverlängerung nicht ganz oben auf der Agenda von Wissenschafts-, Verkehrs- und Wirtschaftsministerium. Braniacs und GPK erhielten den Zuschlag, der in der Dienstleistungsvereinbarung, die sie mit den Ministerien 2008 abschlossen, als Option bereits enthalten war. 240.000 Besuche in ganz Österreich waren offenbar der Hauptgrund für eine Verlängerung. Ein weiteres Jahr ist für Braniacs und GPK noch möglich, danach muss neu ausgeschrieben werden.

Glück glaubt natürlich an einen Erfolg für 2009, zumal bis Anfang Juli, dem Ende der zweimonatigen Einreichfrist, 503 Stationen von einer Programmjury angenommen wurden. Eine Jury, in der unter anderem ORF, Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Forschungsförderungsgesellschaft FFG und Tiroler Zukunftsstiftung sitzen. Zum Vergleich: 2008 waren es 375 Stationen. "Das Problem der Überschaubarkeit wird dadurch nicht kleiner", meinen kritische Stimmen aus dem Universitätsbereich. Man habe sich als Teil eines großen "Wissenschaftsbauchladens" gefühlt, dem ein inhaltliches Konzept fehle, und man würde eine inhaltliche Konzentration auf ein Thema begrüßen.

Der "Türöffner"

Glück sieht das naturgemäß anders und glaubt, dass die Mehrheit der Forscher in Wien, Salzburg, Innsbruck, Linz, Graz, Krems, Tulln und Dornbirn (aufgrund der Teilnahme der FH Vorarlberg) glücklich mit dieser Gelegenheit ist, den "Türöffner für sonst verborgene wissenschaftliche Schätze" (Zitat von der Website www.langenachtderforschung.at), zu nützen. Obwohl der Aufwand auch heuer wieder nicht entschädigt wird, die PR also nicht ganz kostenlos ist. Was zum Beispiel die Veterinärmedizinische Universität davon abhält, daran teilzunehmen. "Es ist nicht budgetiert", sagt Peter Swetly, Vizerektor für Forschung an der Vetmed. Er stelle es aber jedem Institut frei, ganz eigenständig daran teilzunehmen.

Auch andere Absagen musste das Organisationsteam hinnehmen: Am Campus Vienna Biocenter zum Beispiel hat man sich bereits vor der Einladung, Projekte einzureichen, für die Teilnahme an der European Researcher Night am 25. 9. entschlossen, die dieses Mal in Österreich nur in Wien und nur am Campus stattfindet. Motto: Forschen ist Kunst. Die Med-Uni Wien weist auf die viel zu kurze Einreichfrist hin, das Austrian Institute of Technology (AIT) wird nur in Wien, nicht wie im vergangenen Jahr in Seibersdorf die Türen öffnen.

Die Gefahr, dass die Österreicher im Herbst deshalb zu wenig Gelegenheit haben, zu Forschungsfesten zu gehen, besteht freilich nicht. Neben der "Langen Nacht der Forschung" und der European Researchers Night wird das Wiener Forschungsfest, das im vergangenen Jahr am Rathausplatz vor allem industrienahe Forschung präsentierte, Anfang Oktober an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden, in zwei großen Einkaufszentren gastieren: in der Lugner und in der Millenniums City. Die Abgrenzung zwischen den vier Veranstaltungen in Wien dürfte schwierig werden, zumal sie innerhalb von nur sechs Wochen stattfinden. (Peter Illetschko/DER STANDARD, Printausgabe, 02.09.2009)