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Admira-Trainer Walter Schachner geht quasi das Herz auf, wenn er Rapid kicken sieht. Sturm Graz gefällt ihm auch sehr gut. Was Salzburg will, weiß er nicht genau.

APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER

Standard: Worin besteht der Unterschied zwischen Rapid und Red Bull Salzburg?

Schachner: Du brauchst Spieler mit Charakter, mit Leidenschaft. Sonst kannst du alles vergessen.

Standard: Sind die Salzburger Kicker verdorben?

Schachner: Das wäre eine Ferndiagnose, ich weiß nicht, was die Spieler in Salzburg verdienen. Aber wenn Sie mich schon fragen: Der Herbert Prohaska, der Hans Krankl und ich, wir waren anders. Ich hab zwei Tore geschossen, das nächste Mal wollte ich vier Tore schießen. Und einen noch besseren Vertrag. Das vermisse ich heute.

Standard: Geld kann doch nicht das Problem sein. Bei Chelsea, Manchester United oder Barcelona verdienen sie viel Geld, und Rooney oder Messi geben in jedem Match Gas.

Schachner: Das ist der Charakter. Messi, Ronaldinho, Maradona sind arm aufgewachsen, ich sowieso. Wir mussten alles erarbeiten, uns hat niemand die Rutschen gelegt.

Standard: Wieso spielt Salzburg so langsam und Maccabi so schnell?

Schachner: Salzburg hat außer Tchoyi, Leitgeb und Svento keine schnellen Spieler. Sekagya ist ein guter Spieler, aber er hat Schwierigkeiten, wenn er gegen einen flinken Stürmer spielt. Janko und Dudic sind auch nicht schnell. Für höhere Aufgaben brauchst du andere Typen. Arsene Wenger von Arsenal kauft nur Spieler mit schnell zuckender Muskulatur.

Standard: Tun sich Vereine wie Sturm oder Rapid im Vergleich zu goldenen Eseln wie Salzburg oder früher die Austria mit Frank Stronach leichter mit dem Aufbau einer Mannschaft?

Schachner: Wenig Geld ist sicher kein Vorteil. Sturm ist dazu verdammt, Nachwuchsspieler zu fördern, weil sie echt wenig Geld haben. Der Nachwuchs von Sturm ist super, wie auch bei der Admira, der Jimmy Hoffer, der Janko und der Drazan, die sind alle von uns.

Standard: Lässt sich nach dem Aufstieg von Rapid, Austria und Sturm und dem Verbleib von Salzburg in der Europa League die Jammerei aufrechterhalten, dass Österreich keine kreativen Spieler hervorbringt?

Schachner: Ich war sowieso nie dieser Meinung. Wenn ich mir den Drazan anschaue, der die besten Flanken in der Bundesliga liefert, und dazu Korkmaz, Leitgeb, Dragovic, Sulimani, Hölzl, Pehlivan, Trimmel, Okotie, Jantscher und Beichler - alle Kreative zwischen 19 und 23 Jahren. In zwei Jahren könnten wir wieder ein ordentliches Nationalteam haben. Man muss auch ein wenig Geduld haben.

Standard: Sie trainieren die Admira in der Erste Liga. Sind Sie für zehn, zwölf oder 16 Klubs?

Schachner: Zehn sind am besten, da werden die Spieler gefordert. Aber wir arbeiten teilweise amateurhaft, weil wir angeblich wegen höherer Reisekosten und Prämien nur 16 und nicht 18 Spieler wie überall sonst auf den Spielbericht schreiben dürfen. Das ist Provinz.

Standard: Ist das immer gut, wenn junge Kicker wie Prosenik oder Hoffer möglichst schnell ins Ausland gehen?

Schachner: Das ist eine Gratwanderung. Die Ausbildung in England oder Italien ist besser, aber es gibt keine Garantie. Der Hoffer erinnert mich an den Pogatetz, der hat mit 17 bei mir in Kärnten jedes Match gespielt. Dann hat er ein Angebot von Leverkusen angenommen, obwohl ich ihm abgeraten habe. Sie haben ihn in die Schweiz verliehen, anschließend ist er zu mir zurück zum GAK gekommen und hat es doch nach England geschafft. Der Hoffer ist ein wenig älter als der Pogerl damals war, aber ich hätte ihm geraten, sich noch ein Jahr bei Rapid zu festigen. Ich bin mit 24 nach Italien, da hatte ich 25 Länderspiele, drei Jahre Austria Wien und war Leistungsträger. Der Jimmy beginnt den Kampf von der Ersatzbank aus. Ich traue es ihm zu, dass er es schafft, weil er schnell ist.

Standard: Marc Janko ist eher nicht für den richtigen Fußball geeignet?

Schachner: Bei ihm hab ich Zweifel, ob er die Schnelligkeit mitbringt. Er ist sehr gut, wenn er viele Flanken von der Seite kriegt, mit dem Kopf und mit der Brust annehmen und volley schießen ist er top.

Standard: Rutscht Österreichs Fußball trotz des Lebenszeichens ab?

Schachner: Das Niveau geht weltweit zurück, es gibt insgesamt weniger gute Fußballer als früher. Bei den Bayern spielen ein paar Spitzkicker, die wären früher Ballschani geworden. Wir haben mit dem GAK Liverpool auswärts 1:0 geschlagen, wir waren schon in der Liga.

Standard: Aber noch nie haben Mannschaften so gut gekickt wie ManU, Barcelona, Liverpool oder Chelsea heute.

Schachner: Das ist eine winzige Gruppe, früher gab's auch Ajax Amsterdam, oder die großen Bayern, oder Real Madrid. Die Bayern haben kein System, offensiv gut, aber sie kriegen zu viele Tore. Und du brauchst einen guten Tormann. Die Bayern können heuer nicht Meister werden.

Standard: Von den vier Großen Sturm Graz, Rapid, Austria Wien und Salzburg - welche ist die geilste Truppe?

Schachner: Rapid. Wenn ich denen zuschaue, dann sehe ich Herz, Leidenschaft. Jeder, der das grünweiße Dress trägt, vertritt eine Religion. Sturm kommt ihnen schon nahe, dann die Austria, dann erst Salzburg. Bei Salzburg werden jedes Jahr fünf, sechs, sieben Neue geholt. Ich weiß nicht, was die wollen? Mehr Dosen verkaufen? In die Champions League?  (Johann Skocek, DER STANDARD Printausgabe 31.08.2009)