Wien - Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) hat den bisherigen Leiter der Analyseabteilung des Heeresnachrichtenamts (HNA), Brigadier Edwin Potocnik, zum neuen Chef des Abwehramts bestellt. Damit wechselt ein hochrangiger Auslands-Geheimdienstler an die Spitze des Inlandsgeheimdienstes des Bundesheeres, während dessen interimistischer Leiter, Brigadier Ewald Iby, bereits zum zweiten Mal übergangen wird.

"Poto" Potocnik wurde an der Militärakademie vom früheren Abwehramtchef Wolfgang Schneider ausgebildet, absolvierte die österreichische und französische Generalstabsausbildung, war Militärdiplomat bei der WEU, der EU und schließlich in Frankreich. 2007 kam Potocnik ins HNA, wo er nachrichtendienstliche Erfahrung sammeln konnte. "Ich habe ihn als ruhigen, besonnenen und analytischen Menschen kennen und schätzen gelernt", sagt Darabos.

Mit der Bestellung von Potocnik könnte es Darabos gelingen, die lange Jahre in eifersüchtiger Konkurrenz agierenden militärischen Geheimdienste dauerhaft neu zu ordnen. Das auf Inlandsaufgaben spezialisierte und tendenziell eher der roten Reichshälfte zugerechnete Abwehramt (AbwA) hat mit deutlich weniger (etwa 200) Mitarbeitern geringere Ressourcen als das "schwarze" HNA - letzteres hatte bis zur Ära Schneider immer wieder versucht, den kleineren Dienst zu dominieren. Erst in letzter Zeit hat sich das Verhältnis entspannt.

Diese Konflikte werden auch Gegenstand des im Sommer angelaufenen parlamentarischen Untersuchungsausschusses werden, hier hat vor allem BZÖ-Mandatar Ewald Stadler Enthüllungen angekündigt: In seiner Zeit als Volksanwalt hätten sich Angehörige der Dienste wegen interner Konflikte an ihn gewandt.

Diskutanten ausgespäht

Der Untersuchungsausschuss wird sich aber auch mit einer rezenteren Aktivität des Abwehramts befassen müssen: Wie das Profil berichtet, besuchen Geheimdienstleute des AbwA offenbar regelmäßig Veranstaltungen von Bundesheer-kritischen Organisationen, um deren Aktivitäten zu dokumentieren.

Konkret wurde das bei einer Veranstaltung am 19. Juni dieses Jahres, also kurz vor dem Beschluss über die Einsetzung des Untersuchungsausschusses, belegt. Damals hatten KPÖ, Jusos und die Grüne Akademie zu einer Diskussion zum Thema "Wohin bringt uns der Eurofighter" nach Knittelfeld geladen. Auf dem Podium saßen sich die KPÖ-Landtagsabgeordnete Renate Pacher und der Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz.

Wie nun bekannt wird, haben Mitarbeiter des Abwehramts im Publikum fleißig beobachtet, was da so gegen das Bundesheer und sein Prestigeprojekt vorgebracht wird. Und sie haben auch rund um das Kulturhaus geparkte Autos observiert - unter den Fahrzeugen fand sich auch einer der auf Pilz zugelassenen Pkws -, was nach Informationen des Profil auch vom Innenministerium bestätigt worden sei. Dem Standard wurde allerdings vom Innenministerium versichert: "Eine Anfrage des Heeresnachrichtendienstes hat es bei uns nicht gegeben, und wir haben nie irgendwelche Kfz-Daten weitergegeben." (Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgab, 31.8.2009)