Cover: EMI

Man will es nicht glauben, aber vor nicht allzu langer Zeit war Britannia cool, Tony Blair ein Hoffnungsträger und Blur waren am Höhepunkt ihres popkulturellen Einflusses. Mitte der Neunziger ließ die vierköpfige Band um Sänger Damon Albarn nicht nur die kommerziell weit erfolgreicheren Oasis alt aussehen, sondern auch ihre US-amerikanischen Zeitgenossen: "We are british, please!". Mit Midlife liefern die Londoner einen Beginner‘s Guide to Blur und nennen das Doppelalbum passenderweise auch gleich so.

Nach den beiden vielbeachteten Blur-Gigs im Londoner Hyde Park vom mittlerweile offenbar vergangenen Sommer nährt Midlife die Hoffnung auf einen Nachfolger zum letzten Studioalbum Think Tank aus 2003. Im Gegensatz zum ersten, mittlerweile neun Jahre alten Best Of-Album konzentriert sich Midlife weniger auf die ohnehin bekannten Hit-Singles der Band.

Dafür bekommt der Blur-Neuling, und dafür ist die Compilation eher konzipiert als für den langjährigen Fan, einen vergleichsweise breiten Querschnitt durch das epochale, sieben Studioalben umfassende Werk der Band. Und das beginnt eben nicht erst mit dem Partykracher Girls and Boys, sondern mit dem Album Leisure aus 1991 und der Single She's so high. Gerade weil es sich Blur auf Midlife nicht so einfach machen wie auf der vorangegangenen Compilation (wenngleich diese mehr von der Plattenfirma als von Blur selbst gewünscht wurde), schaffen die Briten den Spagat, sowohl für Blur-Experten als auch für Retro-Jungspunde die passende Mischung zu köcheln.

Während das bahnbrechende, für viele beste Blur-Album Modern Life is Rubbish auf der ersten Hitsammlung 2000 so gut wie gar nicht vorkommt, wird auf Midlife immerhin für drei Tracks daraus Platz gemacht - darunter das elegische For Tomorrow. 1994 brachten Blur mit Parklife ein Album heraus, das für sich alleine genommen schon eine Hit-Compilation darstellt. Parklife, Girls and Boys und To The End sind die Reverenzen an die Hochzeit des Britpop, die auf Midlife selbstredend nicht fehlen. Und die genauso drauf passen wie die Herren Blair und Bush, die samt einer Tüte Pommes Frites und dem unvermeidlichen Union Jack das quiltartige Coverbooklet zieren. Auch Stücke von den späten Blur, vor allem vom vergleichsweise sperrigen Think Tank, reihen sich auf Midlife mit spielerischer Leichtigkeit zwischen die populären Hits. Und zeigen künftigen Generationen, welche pophistorische Bedeutung Blur seit den frühen Neunzigerjahren innehaben und fortschreiben. For tomorrow eben. (flon)