Frankfurt/Main - Nach der Festnahme der früheren RAF-Terroristin Verena Becker fordern Politiker die Freigabe der Verfassungsschutzakten im Mordfall Siegfried Buback. Die 57-jährige Becker war am Freitagabend in Untersuchungshaft genommen worden - 20 Jahre nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis. Sie wird beschuldigt, im April 1977 an dem Anschlag auf Buback und zwei seiner Begleiter beteiligt gewesen zu sein.

"Wenn die Akten damals der Generalbundesanwaltschaft gezeigt wurden, warum macht man das jetzt nicht auch?", sagte der FDP-Politiker Gerhart Baum der "Welt am Sonntag". Das Bundesinnenministerium verwies auf die Bundesanwaltschaft: "Wir sind offen für eine Prüfung des Sperrvermerks", sagte ein Sprecher des Ministeriums der "Welt am Sonntag". "Es gibt aber derzeit keine Anforderung der Bundesanwaltschaft, die eine solche Prüfung notwendig macht."

Einsicht abgelehnt

Die oberste Strafverfolgungsbehörde hatte dem Bericht zufolge im Oktober 2007 Einsicht in die Akten des Verfassungsschutzes zu dem Fall beantragt. Damals wurde eine Sperrerklärung gemäß Paragraf 96 der Strafprozessordnung abgegeben wonach die Auslieferung von Akten unterbunden werden kann, wenn die oberste Dienstbehörde erklärt, dass die Veröffentlichung "dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde". Welche Nachteile befürchtet werden, ist nicht bekannt.

Auch FDP-Generalsekretär Dirk Niebel rief Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble auf, sämtliche Akten über den Mord an Buback offenzulegen. "Gerade bei neuen Indizien ist es zwingend notwendig, dass die Akten genutzt werden, um zu klären, wer Buback ermordet hat, sagte Niebel dem "Hamburger Abendblatt" zufolge.

Der stellvertretende Unions-Fraktionschef im Bundestag, Wolfgang Bosbach, sagte der "Nordwest-Zeitung": "Die Vermutung des Buback-Sohnes Michael, dass der Verfassungsschutz jemanden deckt, der vielleicht an einem Mord beteiligt war, beinhaltet einen massiven Vorwurf. Ich hoffe nicht, dass der sich eines Tages bestätigt."

Bubacks Sohn Michael zeigte sich im AP-Gespräch erleichtert über die Festnahme Beckers und sprach von von einem "guten Tag für unseren Rechtsstaat". Bei MDR INFO kritisierte er zugleich erneut die Ermittlungsbehörden. Bestätige sich die Mittäterschaft Beckers an dem Mord an seinem Vater, müsse man der Frage nachgehen, warum die Aufklärung trotz sehr, sehr starker Hinweise so zögerlich vonstatten gegangen sei. "Und dann könnte es natürlich eine Rolle spielen, dass Frau Becker gleichzeitig eine dringend Tatverdächtige ist, aber eben auch eine Informantin des Geheimdienstes."

Becker war am Donnerstag im Zusammenhang mit dem Mord an Buback verhaftet worden. Sie soll "wesentliche Beiträge zur Vorbereitung und Durchführung des Anschlags (...) und im Rahmen des Nachtatgeschehens geleistet haben", wie die Bundesanwaltschaft mitteilte.  (red/APA/AP)