Wien - Der Beschuldigte Mohamed M. wirkte vorwurfsvoll, aber ruhig, Senatsvorsitzender Eckart Ratz entgegenkommend, aber in der Sache hart - und Verteidiger Lennart Binder wortreich, aber ratlos: Bei der Verhandlung über die Nichtigkeitsbeschwerde im Wiener Islamistenverfahren vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) gab es am Donnerstag keine Überraschung. Die Einwände Binders wurden abgeschmettert. Sie seien "nicht substanziell", sagte Ratz - "und wir sind ja nicht zum Theaterspielen hier".
Binder hatte eingewendet, dass die Urteile gegen M. (23) und seine Ehefrau Mona S. (22) - vier Jahre unbedingt wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung für ihn, 22 Monate unbedingt für sie - vor parteiischen Geschworenen gesprochen worden seien: "Bei der Auswahl der Laienrichter wurden Personen mit Nachnamen, die auf muslimischen Hintergrund schließen lassen, bewusst übergangen", sagte Binder.
Überhaupt - so der Verteidiger - erfolge die Geschworenenauswahl in Österreich nach "fragwürdigen" Kriterien, "insbesondere vor Jugendgerichten". "Das ist ein prinzipieller Vorwurf, der zur vorliegenden Sache nichts beiträgt. Und warum haben Sie diese Kritik nicht schon während der Verhandlung in den Mittelpunkt gestellt?", reagierte Ratz.
Auch dem Argument Binders, dass Mona S., wegen ihrer Vollverschleierung von der Prozesszweit-auflage im Februar 2009 ausgeschlossen, dadurch unfair behandelt worden sei, folgte der OGH-Senat nicht: "Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat durchaus vergleichbare Eingriffe in die Religionsfreiheit als menschenrechtskonform bezeichnet."
Und die Onlinedurchsuchung, die bei den Ermittlungen im Jahr 2007 verwendet worden ist, sei ebenfalls rechtens gewesen: Ein einschränkendes Gesetz sei "erst am 1. 1. 2008 in Kraft getreten". Das Urteil, sagte Ratz, fuße insgesamt auf den richtigen Grundlagen. Dass eine der Fragen an die Geschworenen "nicht konkret genug gestellt" worden sei, werde wohl auch der zuständige Staatsanwalt als vernachlässigbar werten.
Mohamed M., von früheren Gerichtsterminen her als aufbrausend in Erinnerung, blieb auf diesen Spruch hin still. Binder kündigte an, bald seine bedingte Entlassung beantragen zu wollen - "und mit der Kopftuchfrage gehe ich zum EGMR nach Straßburg". (Irene Brickner, DER STANDARD - Printausgabe, 28. August 2009)