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Regelmäßige Mundhygiene verleitet dazu, weniger gründlich zu putzen.

Foto: APA/Harald Schneider

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Bei der Mundhygiene soll lediglich entfernt werden, was der Patient selbst nicht entfernen kann - wie etwa Zahnstein.

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"Wenn der Zahnarzt mit besorgtem Blick sagt, es wäre wieder höchste Zeit für eine Mundhygiene - Was will man da machen?", sagt Teresa H. "Natürlich vereinbare ich dann einen Termin, auch wenn ich die Behandlung teuer finde." Rund hundert Euro kostet die umfassende Zahnreinigung, die Zahnärzte so gerne empfehlen. Von den Patienten privat zu bezahlen. Wie oft sie zur Mundhygiene gehe? „Etwa alle drei Monate", sagt Teresa H. Die Zähne sind strahlend weiß, sie ist Nichtraucherin, weshalb also die häufigen Behandlungen? „Weil es mir mein Zahnarzt rät", lautet die lapidare Antwort.

Geschäftemacherei

Ein Rat, den viele Zahnärzte ihren Patienten gerne mit auf den Weg geben. An und für sich kein schlechter, aber in Summe betrachtet ein teurer: „Zwei Mal jährlich eine professionelle Zahnreinigung vornehmen zu lassen, ist vollkommen ausreichend", sagt Mirjana Novoselac-Liska, Leiterin der Abteilung für Zahn- Mund- Kieferheilkunde im Gesundheitszentrum der Wiener Gebietskrankenkasse. Dass viele niedergelassene Zahnärzte ihren Patienten häufiger Mundhygienebehandlungen aufschwatzen, betrachtet Novoselac-Liska als Geschäftemacherei. „Das hat auch gar keinen Sinn. Bei der Mundhygiene soll lediglich entfernt werden, was der Patient selbst nicht entfernen kann: Zahnstein, oder etwa bei starken Rauchern Verfärbungen an den Zähnen." 

Beschädigung des Zahnschmelzes

Für gewöhnlich umfasst die Behandlung neben der Entfernung von Zahnbelägen, oberhalb und unterhalb des Zahnfleisches, auch die Reinigung der Zahnoberflächen mit Hilfe von Ultraschall- und Sandstrahlgeräten. „Bei einer allzu häufigen Anwendung von Sandstrahlgeräten könnte es zu einer Beschädigung des Zahnschmelzes kommen", sagt Novoselac-Liska. Da helfe auch die anschließende Behandlung mit Fluoridlack nicht, die zum Schutz des Zahnschmelzes dienen soll. Ansonsten sehe sie aber keine Gefahr bei häufigen Mundhygienebehandlungen - es sei lediglich teuer und nicht notwendig. 

Bessere Kontrolle

Was auffalle: Viele Patienten seien bei der Pflege ihrer Zähne nachlässiger geworden. „Sie verlassen sich auf die Mundhygiene und putzen selbst seltener und weniger gründlich", sagt Novoselac-Liska. Andererseits habe häufige Mundhygiene auch Vorteile: „Die Ärzte haben ihre Patienten so besser unter Kontrolle. Soll heißen, dass sie bei häufigerem Kontakt Karies, Entzündungen oder andere Erkrankungen früher erkennen und behandeln können."
Was sich früher vor allem Filmsternchen und Fotomodelle geleistet haben, ist mittlerweile für viele beinahe so selbstverständlich, wie der Besuch beim Friseur. Was zählt, ist insbesondere der optische Aspekt: Weißere Zähne, ein strahlenderes Lächeln. „Natürlich ist die professionelle Zahnreinigung eine Modeerscheinung", sagt Novoselac-Liska. „Aber aus Sicht der Zahnärzte eine äußerst Positive, denn der Großteil unserer Patienten gibt jetzt besser auf sich acht." 

Neue Techniken

Obwohl der richtige Boom erst in den letzten Jahren stattfand, hat die professionelle Zahnreinigung durchaus Geschichte: „In der Schweiz wurden bereits vor 30 Jahren Mundhygienebehandlungen durchgeführt", erzählt Novoselac-Liska. Der Unterscheid zu damals, liege vor allem im Bewusstsein und in der Anwendung neuer Techniken: Elektrische Zahnbürsten sind mittlerweile beinahe Standard, und diverse Bürstenaufsätze ermöglichen eine gründliche Reinigung in den Zahnzwischenräumen und können somit helfen, die Bildung von Zahnstein zu verhindern. „Zahnstein drückt auf das Zahnfleisch und drängt es zurück. Das kann zu Entzündungen und letztendlich zum Verlust der Zähne führen", sagt Novoselac-Liska. „Deshalb ist es wichtig, den Zahnstein mittels professioneller Mundhygiene regelmäßig entfernen zu lassen." Trotzdem: Auch zahnärztlich durchgeführte Mundhygiene sei lediglich eine Vorbeugungsmaßnahme und würde die Patienten nicht von der Eigenverantwortung befreien. (bock, derStandard.at, 30.08.2009)