Abigail Breslin (M.)

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Wien - Im Büro von Staranwalt Campbell Alexander (Alec Baldwin) wird eine energische Elfjährige vorstellig. Anna (Abigail Breslin) braucht dessen Beistand, weil sie sich das Recht auf medizinische Selbstbestimmung vor Gericht erstreiten will. Beklagte Partei sind ihre Eltern. Anna, ihre Jüngste, wurde einst genetisch als Idealspenderin für ihre an Krebs erkrankte Schwester Kate (Sofia Vassilieva) konstruiert. Zu einer anstehenden Nierentransplantation will sie nun allerdings ihre Einwilligung nicht mehr geben.

Die Benachrichtigung vom Gericht platzt wie eine Bombe in die ohnehin schon höchst labile familiäre Situation. Vor allem aufseiten der Mutter (Cameron Diaz) produziert Annas Ansinnen Wut, Unverständnis und Widerstand.

Beim Leben meiner Schwester / My Sister's Keeper von Nick Cassavetes ist allerdings kein Gerichtssaaldrama. Die Romanverfilmung bemüht sich zunächst darum, den Hintergrund dieser spektakulären Vorgabe auszuleuchten und den beteiligten Personen und deren einander widersprechenden Interessen Raum und Recht zu geben.

Aus Rückblenden und Beobachtungen, die jeweils aus der Perspektive einzelner Personen erfolgen, entwickelt sich so ein Gesamtbild, das die dauernde Herausforderung und die Konflikte, die Kates Krankheit für die gesamte Familie bedeutet, durchaus redlich abbildet. Aber der Regisseur, der zuletzt schon mit dem Alzheimer-Drama The Notebook unangenehm aufgefallen ist, inszeniert die Geschichte auch nach allen Erkenntnissen der Verhaltensbiologie:

Wenn man dem Publikum nur lang genug verzweifelte Menschen zeigt, dann wird es auch irgendwann haltlos mitheulen. Das Interesse am Ausloten der Verhältnisse gerät in den Hintergrund gegenüber dem Melken gefühlsintensiver Ereignisse. Das Hollywood-Gebot nach erzählerischer Geschlossenheit gewinnt die Oberhand über eine der Vielzahl an Fragen und Konflikten angemessenere offenere Form. Der Wunsch nach Selbstbestimmung stört da nur. (Isabella Reicher / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.8.2009)