Walter Flöttl führte im SP-Reich den Taktstock, wenn es um Finanzfragen ging. Dem Konsum half der ehemalige Bawag-Chef ebenso aus der Patsche wie SPÖ und ÖGB.

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Wien - Die Freude bei der Bawag währte nur kurz, als die Justiz die Ermittlungen wegen Untreue einstellte. Denn nun heftet sich die Finanz an die Fersen der ehemaligen Gewerkschaftsbank. Diese hat nach Angaben ihres Ex-Generaldirektors, Walter Flöttl, SPÖ und ÖGB jahrelang Gefälligkeiten erwiesen. Von niedrigen Kreditzinsen bis zum Abkauf diverser Beteiligungen und Immobilien zu fürstlichen Preisen reichte das Spektrum, das in den sogenannten "Kellerakten" dokumentiert ist.

In Briefen an SP-Granden wie Herbert Tumpel (damals ÖGB-Sekretär, heute Arbeiterkammerpräsident), oder Ex-Gewerkschaftspräsident Fritz Verzetnitsch pries Flöttl senior die finanziellen Vorteile, welche die Bawag den Sozialisten, Gewerkschaften und dem Konsum gewährt habe. Justiz-Gutachter Fritz Kleiner hat die 680 Dokumente gesichtet und die Gefälligkeiten bewertet. Dazu zählen Kredit- und Leasingraten mit einem aushaftenden Volumen von 1,489 Milliarden Schilling (108,2 Mio. Euro; per 30.9.1989). Die Durchschnittsverzinsung des ÖGB habe mit 6,66 Prozent um 1,84 Prozent unter dem "damals fremdüblich tiefsten Niveau der Kreditverzinsung" gelegen, schreibt Kleiner in seinem Zwischenbericht. Den Zinsvorteil für die Gewerkschaft beziffert er mit 27,4 Mio. Euro.

Gleichzeitig offerierte die Bank dem damaligen Eigentümer "besondere Veranlagungsmöglichkeiten" - 667 Mio. S wurden in Form von Sparguthaben und stillen Beteiligungen zu durchschnittlich 8,12 Prozent verzinst (also höher als die Kreditzinsen). Das brachte dem ÖGB laut Kleiner einen weiteren Vorteil von jährlich 10,8 Mio. S. "Da diese Vorteile einem Gesellschaftsfremden nicht gewährt worden wären, könnte es sich ertragssteuerlich um eine verdeckte Gewinnausschüttung handeln" , vermutet der Gutachter. Flöttl macht daraus auch kein Hehl: 1989 warnte er Tumpel, dass "all diese Zuspielungen" im Falle eines Anstiegs neuer Aktionäre "nicht mehr möglich wären" .

Dem Konsum half die Bawag mit dem Abkauf von Notenbank-Anteilen (vorübergehend) aus der Patsche. Bei einer fixen Dividende von einer Mio. S erwirtschaftete die Bawag auf den Kaufpreis von 477 Mio. S eine Rendite von 0,2 Prozent. Ähnlich stellt sich die Situation bei den diversen Immobiliendeals dar: Die Liegenschaften Gloriettegasse, Strudelhof, Treitlstraße wurden dem ÖGB um 280 Mio. S abgenommen, die Gewerkschaft leaste sie mit einer Rendite von vier Prozent zurück. Bei einer damals üblichen Verzinsung von acht Prozent entstand der Bawag ein Verlust von 11,2 Mio. S jährlich.

Die Fortdauer der Begünstigungen der befreundeten Organisation dürfte auch der Grund dafür sein, dass die im Finanzstrafrecht verankerte Verjährung nicht greifen dürfte. Im Gegensatz zum Strafverfahren, das wegen Verjährung eingestellt wurde. Sollte die Finanz - die Betriebsprüfung bei der Bawag läuft gerade, es gilt die Unschuldsvermutung - fündig werden, drohen hohe Strafen:ab einer hinterzogenen Summe von drei Mio. Euro bis zu sieben Jahre Haft.

Unklar ist, ob eine etwaige Geldbuße von der Bawag oder dem Verkäufer ÖGB zu zahlen wäre. Finanzchef Clemens Schneider gibt keine Auskünfte über allfällige Regelungen im Kaufvertrag mit Cerberus. Nur soviel: "Ich bin mir sicher, dass da auf den ÖGBnichts zukommt." (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.8.2009)