Hohenems - "Ein beispielhafter Text, der das Zeug zu einem historischen Dokument hat" ist für den Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, Hanno Loewy, die Hohenemser Erklärung gegen Antisemitismus und Rassismus. Auf Initiative der SPÖ und der alternativen Fraktion "Die Emsigen" verabschiedete die Stadtvertretung Dienstagabend die Resolution als Reaktion auf die antisemitischen Äußerungen von FP-Landeschef Dieter Egger, der Loewy "Exiljude aus Amerika" genannt hatte.

Die Stadtpolitiker rufen auf, "daran mitzuwirken, dass alle Menschen ohne Ansehen der Person, insbesondere der Herkunft oder Religion, ohne Diskriminierung und auf dem Boden der unveräußerlichen Menschenrechte friedlich leben können". Dazu gehöre auch der Schutz vor verbalen Verletzungen, die den physischen immer vorausgingen.

Die vier FPÖ-Mandatare verließen unter Protest die Sitzung. "Äußerst peinlich für die FPÖ", findet Stadträtin Elisabeth Märk (SP). Sie versteht die Resolution als Leitbild für die Integrationspolitik. "In Hohenems hat das friedliche Zusammenleben verschiedener Kulturen Tradition", verweist Märk auf die Geschichte der früheren jüdischen Landgemeinde und die Zuwanderung der letzten Jahrzehnte. Gemeinsam arbeite man am Integrationsprojekt "Zusammen leben in Hohenems", die Ausgrenzungspolitik der FPÖ sei da "pure Häme".

Für Loewy und das Jüdische Museum ist die Resolution Bestätigung und Ermutigung. Sie zeige, so Loewy, "den breiten Konsens darüber, dass zivilisatorische Grundlagen für alle gelten". Man habe in Hohenems, wo ein Viertel der Bevölkerung Zuwanderer sind, erkannt, dass man eine Gesellschaft nur gemeinsam aufbauen kann. Loewy: "Da weiß ich wieder, warum ich mich hier heimisch fühle."

 (Jutta Berger, DER STANDARD, Printausgabe, 27.8.2009)

Resolution im Wortlaut:

"1. Die Stadt Hohenems hat mit Entsetzen und tiefer Sorge wahrnehmen müssen, dass von ihrem Boden aus Menschen mit antisemitischen und rassistischen Äußerungen aufs tiefste beleidigt, verletzt und mühsam verheilt scheinende Wunden neuerlich aufgerissen wurden. Dies trifft Hohenems besonders, weil es der einzige Ort Vorarlbergs ist, wo es eine langandauernde Jüdische Gemeinde gab. Das Jüdische Erbe ist für unsere Stadt über das Stadtbild und die kulturellen Einrichtungen hinaus auch für unser Bewusstsein konstitutiv.

2. Die Stadt Hohenems weist diese Äußerungen entschieden zurück und verurteilt sie als Störung des friedlichen Gemeinschaftslebens in der Stadt. Sie entschuldigt sich ausdrücklich - auch ohne eigenes ihr zurechenbares Verschulden - bei allen Menschen, welche durch diese Äußerungen getroffen oder auch nur betroffen wurden.

3. Die Stadt Hohenems blickt mit Stolz auf das, was in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in ihrer Stadt an Erinnerung an ihre jüdische Geschichte neu entstanden ist. Es ersetzt zwar nichts, dennoch dürfen wir feststellen, dass wir hier wieder einen Neuanfang gewagt haben, der sich immerhin in einem international geschätzten Jüdischen Museum Ausdruck schafft.

4. Die Stadt Hohenems sieht sich schon aus ihrer eigenen Geschichte veranlasst, alles zu unternehmen, damit Menschen unterschiedlicher Herkunft hier auch in Zukunft friedlich und gerecht zusammenleben können. Sie wird sich im Rahmen ihrer Jugend-, Kultur- und Bildungsaktivitäten diesem Ziel vermehrt zuwenden.

5. Die Stadt Hohenems ruft alle Menschen, die hier leben, dazu auf:

a) Daran mitzuwirken, dass alle Menschen ohne Ansehen der Person, insbesondere der Herkunft oder Religion ohne Diskriminierung und auf dem Boden der unveräußerlichen Menschenrechte friedlich leben können. Dazu gehört auch der Schutz vor verbalen Verletzungen, die den physischen immer vorausgehen.

b) Sich in ihren religiösen Gemeinschaften, in ihren Kirchen, Vereinen, Arbeitsstätten, Unternehmen, Initiativen und Parteien um die Verwirklichung einer toleranten und offenen Gesellschaft zu bemühen und sich dafür auch mit aller Kraft einzusetzen.

c) Sowohl in respektvoller Erinnerung an die leidvolle Geschichte der jüdischen Bürger unserer Stadt als auch aus dem allgemeinen Menschenrecht gegen jeden Totalitarismus, gegen Intoleranz und Rassismus aufzutreten und allen Verharmlosungen und allen Bestrebungen entschieden entgegen zu treten, mit denen die Ereignisse verharmlost und das Erinnern an sie verdrängt werden sollen.

Hohenems am 26. August 2009

Die Stadtvertretung von Hohenems" (red, derStandard.at, 26.8.2009)