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Von links nach rechts: Brasiliens Ex-Präsident Fernando Henrique Cardoso, Irlands Ex-Präsidentin Mary Robinson, Südafrikas Erzbischof Desmond Tutu, Ela Bhatt, indische Frauenrechtlerin und Gründerin von SEWA, einer Art Gewerkschaft für selbständige indische Frauen, Norwegens Ex-Regierungschefin Gro Brundtland und Ex-US-Präsident Jimmy Carter.

Foto: AP/Armangue

Jerusalem - Der südafrikanische Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu hat sich während einer Israel- und Palästina-Reise als Delegationsmitglied des internationalen Nahost-Weisenrates sehr kritisch über die israelische Siedlungspolitik geäußert. "Die Lehre, die Israel aus dem Holocaust ziehen muss, ist, dass es durch Zäune, Mauern und Waffen nie Sicherheit schaffen kann", sagte Tutu der Tageszeitung "Haaretz". Der Westen sei gegenüber Israel wegen des Holocaust voller Schuld und Reue, so wie es auch sein solle. "Aber wer zahlt die Buße? Die Buße zahlen die Araber, die Palästinenser".

"In Südafrika haben sie versucht, Sicherheit durch den Lauf eines Gewehres zu schaffen. Sie haben es nie geschafft. Sie schufen Sicherheit, als die Menschenrechte aller anerkannt und respektiert wurden", betonte der Friedensnobelpreisträger unter Verweis auf eine Aussage des israelischen Premierministers Benjamin Netanyahu am Donnerstag in Deutschland. Netanyahu hatte gemeint, die Lehre aus dem Holocaust sei, dass Israel sich immer verteidigen sollte. Tutu pries ferner den Erfolg des nordirischen Friedensprozesses und betonte seine Überzeugung, dass keine Situation hoffnungslos sei.

Kritik an jüdischen US-Organisationen

Scharfe Kritik übte der anglikanische Erzbischof an jüdischen Organisationen in den USA. Er warf ihnen vor, jeden einzuschüchtern und des Antisemitismus zu bezichtigen, der die israelische Besetzung kritisiert. Solche Organisationen hätten US-Universitäten gedrängt, Tutus dortige Auftritte abzusagen. "Das ist bedauernswert, denn meine Positionen leiten sich von der Torah ab".

Der "Rat der Weisen" hatte auch das Dorf Bilin im Westjordanland besucht, wo jede Woche gegen den Grenzzaun protestiert wird. Die Aktivisten hätten ihn, Tutu, an Gandhi erinnert, der es geschafft hatte, die britische Herrschaft in Indien gewaltfrei zu stürzen, sowie an Pastor Martin Luther King. Als er früher mit seinen Kindern nach Swaziland gefahren war, sei er an den Grenzübergängen in Südafrika dem Verhalten der Polizisten ausgeliefert gewesen. "Sie können entscheiden, wann du abgefertigt wirst, und sie können dich wegen etwas Belanglosem abweisen. Andererseits gab es bei uns keine kollektive Bestrafung. Häuser wurden nicht wegen des Verdachts demoliert, eines der Haushaltsmitglieder könnte ein Terrorist sein oder auch nicht".

Der Nahost-Weisenrat wurde 2007 auf Initiative des früheren südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela gegründet. Die Delegation, der auch Ex-US-Präsident Jimmy Carter und der britische Milliardär und Philanthrop Richard Branson angehören, wird vom ehemaligen brasilianischen Präsidenten Fernando Henrique Cardoso geleitet. Tutu war schon im Auftrag des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen mit einer Fact-finding-Mission in den Gaza-Streifen gereist, um die Tötung von 18 Mitgliedern einer palästinensischen Familie durch einen israelischen Raketenangriff auf Beit Hanoun im November 2006 zu untersuchen. Dabei hatte er Israel "kollektive Bestrafung" der palästinensischen Bevölkerung vorgeworfen. (APA)