Wien - Beim börsenotierten Wiener Bauriesen Porr steigt - wie bekannt - das türkische Bauunternehmen Renaissance Group ein, die 1994 im russischen St. Petersburg gegründet wurde. Der Baukonzern gab heute, Dienstag, die "strategische Kooperation" mit Renaissance bekannt, die über eine Kapitalerhöhung bis zu 10 Prozent der Stimmrechte erwerben wird. Porr gibt dafür bis zu 661.250 neue Stammaktien gegen Bareinlagen im Bezugsverhältnis 3:1 aus, teilte der Baukonzern ad hoc mit. Zusätzlich gehen die beiden Unternehmen ein 50:50-Joint-Venture namens Porr Construction Holding G.m.b.H. ein.

Der Emissionserlös soll laut Porr in erster Linie die Eigenkapitalbasis stärken und die Finanzierungsstruktur des Konzerns verbessern. Porr-Chef Wolfgang Hesoun hatte sich bereits in einer Hauptversammlung im November 2008 von den Eigentümern ermächtigen lassen, das Grundkapital von derzeit Nominale 14,4 Mio. Euro auf bis zu 19,2 Mio. Euro zu erhöhen. Der maximale Bezugspreis beträgt 160 Euro je neuer Aktie. Der endgültige Bezugspreis wird am 17. September festgelegt. Die Kapitalerhöhung soll voraussichtlich am 19. September abgeschlossen werden.

Die Renaissance-Gruppe ist überwiegend im Hochbau tätig, beschäftigt etwa 12.000 Mitarbeiter und plant heuer laut eigenen Angaben einen Nettoumsatz von 1 Mrd. Euro.

100-Prozent-Eigentümer der Renaissance Group mit Sitz in Ankara ist den Angaben von heute, Dienstag, zufolge der türkische Unternehmer Erman Ilicak.

Neue Geschäfte in Libyen in Aussicht

Der neue Partner bringt Porr nicht nur frisches Kapital, sondern auch die Aussicht auf millionenschwere Aufträge in Libyen, Turkmenistan, der Türkei und Saudi-Arabien. Diese vier Märkte nannte Renaissance-Chef Ilicak heute, Dienstag, in Wien als seine derzeitigen Hauptmärkte. "Die Margen sind dort viel höher als hier, der Konkurrenzkampf auf dem Baumarkt ist nicht so scharf", sagte er. In einem ersten Schritt will Porr in Libyen bei Eisenbahninfrastrukturprojekten zum Zug kommen.

"Libyen will in den kommenden zehn Jahren 160 Mrd. Dollar (111,7 Mrd. Euro, Anm.) für die Infrastruktur ausgeben", stellte Ilicak in Aussicht. Derzeit hat Porr dort zwar noch kein konkretes Projekt unter Dach und Fach, doch schon im Herbst könnte das Unternehmen den Zuschlag für Eisenbahnprojekte im Volumen von "mehreren Millionen Euro" erhalten. "Das kann schnell gehen", sagte Porr-Chef Wolfgang Hesoun. Der libysche Baumarkt soll heuer laut Ilicak um 6 Prozent wachsen, der saudi-arabische um 2,5 Prozent.

Strategiewechsel

Bis vor kurzem hatte Porr von Engagements in ferneren Ländern eher Abstand genommen und sich im Ausland auf den CEE-Raum konzentriert. "Wir haben heute eine andere Situation als noch vor ein paar Monaten - wir können jetzt die Ressourcen, die wir damals noch in Osteuropa gebunden hatten, anderswo einsetzen", erklärte Hesoun seinen Schwenk in Richtung Libyen. Osteuropa sei aber nach wie vor ein Kernmarkt. In Ungarn erhielt Porr beispielsweise den Zuschlag für den Bau eines Teilstücks der Umfahrung um Budapest mit einem Auftragswert von 28,4 Mrd. Forint (105,9 Mio. Euro), wie heute ungarische Medien berichteten.

Der Auftragsbestand der heimischen Bauwirtschaft sehe für 2009 gut aus und reiche bei Infrastrukturprojekten bis 2010 hinein. "Das ist die relative Besserstellung der Bauwirtschaft gegenüber der gesamten Industrie", so Hesoun. Derzeit würden Altaufträge abgearbeitet. "Die öffentliche Hand steuert hier durch vorgezogene Infrastrukturaufträge gegen, um damit in der kritischen Phase Mitte 2010 bis 2011 eine Kompensation für den Entfall der privaten Aufträge zu gewährleisten", sagte der Porr-Chef. Die Bauwirtschaft hinke konjunkturell um ein bis eineinhalb Jahre hinterher.

Die Porr AG erwirtschaftete 2008 einen Umsatz von 2,6 Mrd. Euro und beschäftigte gut 12.000 Mitarbeiter. Die Renaissance-Gruppe ist umsatzmäßig laut Eigenangaben das zweitgrößte Bauunternehmen der Türkei und betreibt auch Standorte in Libyen, Saudi-Arabien, Bahrain, Turkmenistan, Russland und der Ukraine. Renaissance expandiere in Länder der ehemaligen Sowjetunion, des Nahen und Mittleren Ostens sowie in Nordafrika und erwarte heuer mit rund 12.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 1 Mrd. Euro.(APA)