Bild nicht mehr verfügbar.

Fast wie im "Little Shop of Horrors": Kannenpflanzen - hier eine Nepenthes ventricosa - lösen ihre Beute in bis zu zwei Litern Verdauungsflüssigkeit auf.

Foto: Reuters/Munoz

Manila - Die Schlagzeile "Botaniker entdecken neue rattenfressende Pflanze" ging in den vergangenen Tagen um die Welt und löste unter anderem auf CNN vorübergehend die gesamte Weltpolitik als meistgelesene Meldung ab. Ganz so singulär ist die dahinterstehende Geschichte nicht, denn von einigen Kannenpflanzen (Nepenthes) ist schon lange bekannt, dass sie nicht nur Insekten, sondern sogar Nagetiere in ihren Fallen fangen können - allen voran die auf Borneo vorkommende Nepenthes rajah, die größte aller Kannenpflanzen und Verwandte der nun auf den Philippinen entdeckten Spezies. Auch diese Neuentdeckung hat aber ihre für die Wissenschaft relevanten Aspekte.

Christliche Missionare lieferten im Jahr 2000 die ersten Berichte über eine fleischfressende Pflanze auf dem Mount Victoria der philippinischen Insel Palawan. Dies weckte das Interesse des britischen Naturwissenschafters Stewart McPherson, der das Medienunternehmen Redfern Natural History Productions betreibt. Gemeinsam mit zwei Botanikern machte er sich zum Mount Victoria auf, wo er auf 1.600 Metern Seehöhe schließlich fündig wurde. Die Pflanzen bilden bis zu 30 Zentimeter lange Kannen, an deren Öffnung süßlicher Nektar abgesondert wird, um Beutetiere anzulocken. Diese rutschen in der Kanne unweigerlich nach unten und werden im Enzymgebräu, das die Pflanze produziert, aufgelöst. Exemplare der Spezies wurden dem Herbarium der Palawan State University übergeben. Die Forscher hoffen, dass die Abgelegenheit des Verbreitungsgebiets die Pflanze vor botanischen Plünderern schützen wird - auch nachdem sie nun ins Licht der Weltöffentlichkeit gerückt wurde.

Die Attenborough-Pflanze

Die neuentdeckte Spezies erhielt die Bezeichnung Nepenthes attenboroughii: In Würdigung Sir David Attenboroughs, des ebenso renommierten wie populären Naturwissenschafters. Dessen TV-Dokumentationen bilden stets ein seriöses Gegenmodell zu Magazinen um "Naturexperten" wie Austin Stevens, die effekthascherisch durch den Wald trampeln und verängstigte Wildtiere am Schwanz aus ihren Verstecken zerren. - Und die Kannenpflanze ist nicht die erste Spezies, die Attenborough ihren lateinischen Namen verdankt - auch ein Langschnabeligel und ein aus dem Devon stammendes Fischfossil (Materpiscis) wurden bereits nach ihm benannt.

Darüberhinaus fand das Team um McPherson auf Palawan einige Spezies, die noch der Identifizierung harren: Rosafarbenen Farn und himmelblaue Pilze - außerdem eine bislang unbekannte Spezies von Sonnentau: ebenfalls fleischfressende Pflanzen, die ihre Beute allerdings entweder durch Tröpfchenabsonderung an ihrer Oberfläche festkleben oder sie wie die Venusfliegenfalle in Fangblättern einschließen. Ein aus botanischer Sicht besonders erfreuliches Ergebnis der Expedition war die Wiederentdeckung der Kannenpflanze Nepenthes deaniana, die seit 100 Jahren nicht mehr in freier Natur gesehen worden war. In den Kannen dieser Pflanzen fanden die Forscher unter anderem Hundertfüßer und zehn Zentimeter große Spinnen. (red)