Anders als die vielerorts beschlossenen staatlichen Ausgaben zur Krisenbekämpfung finden die krisenbedingten steuerlichen Maßnahmen wenig Beachtung. Dies verwundert angesichts deren Größenordnung. So ist der Umfang der krisenbedingten steuerlichen Maßnahmen heuer im EU-Durchschnitt mit 0,6 Prozent des BIP sogar etwas höher als die diskretionären Mehrausgaben mit 0,5 Prozent. In der OECD ist es ähnlich.

Die Aufschlüsselungen der krisenbedingten Steuermaßnahmen werden kaum zur Kenntnis genommen. Einige Länder haben bereits bestimmte Steuern zur Finanzierung der Krisenkosten erhöht. Per Saldo reduzieren jedoch 25 OECD-Länder die Steuerlast, nur zwei Staaten erhöhen sie unterm Strich.

Der Großteil der Entlastungen entfällt auf Einkommens- und Unternehmenssteuersenkungen. Reduktionen von Verbrauchssteuern und Sozialbeiträgen spielen hingegen eine wesentlich geringere Rolle. Ein umfassendes Konzept zur Verbesserung der Zukunftstauglichkeit der Abgabensysteme ist nicht erkennbar. Die Stärkung der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit der Abgabensysteme würde eine beschäftigungs- und energieeffizienzfördernde Umstrukturierung im Rahmen ökosozialer Abgabenreformen erfordern. Nur wenige Länder haben mit ihren steuerlichen Krisenbewältigungsmaßnahmen die Weichen gestellt: In der OECD senkten acht Länder die Sozialbeiträge; vier EU-Länder erhöhten die Mineralölsteuer.

Bis zu 14 Mrd. Euro könnte etwa eine EU-weite Kerosinsteuer, sechs Mrd. eine Flugticketabgabe erbringen - um diesen Betrag werden die EU und ihre Mitgliedsländer die für 2010 gesteckten Ziele für die Entwicklungshilfezahlungen verfehlen. Eine stärker koordinierende Rolle der EU-Institutionen könnte vielleicht auch zur Verhinderung von aus Nachhaltigkeitssicht kontraproduktiven Steuermaßnahmen der Mitgliedstaaten beitragen: wie die Abschaffung der eben erst eingeführten Flugticketabgabe in den Niederlanden oder die Senkung der KFZ-Steuer in Griechenland und Rumänien. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22./23.8.2009)