London/Karlsruhe - Autonome Systeme wie fahrerlose Autos, robotische Gefährten oder intelligente Häuser werden in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich Anwendungsrealität, so die britische Royal Academy of Engineering (RAEng). Daher fordert sie in dem Bericht "Autonomous Systems: Social, Legal & Ethical Issues" eine umfassende Diskussion über soziale, rechtliche und ethische Fragen rund um den Einsatz solcher Systeme beispielsweise im Transport- und Betreuungsbereich. 

Verantwortung

Denn wenngleich autonome Systeme viele Vorteile versprechen, ist so mancher wichtiger Punkt aus Sicht der Gelehrtengesellschaft bislang ungeklärt. So sei etwa fraglich, wer genau die Verantwortung trägt, wenn durch ein autonomes System Menschen zu Schaden kommen.

Robotische Fahrzeuge, die ganz ohne Fahrer auskommen wurden bereits im Rahmen der Grand Challenge der amerikanischen Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) erfolgreich erprobt. Bis vollautonome Autos die Straßen im Alltag erobern, wird es zwar noch dauern. Wie auch in anderen Anwendungsbereichen wird sich dann aber die Frage stellen, wer im Unfallsfall die Verantwortung trägt - etwa der Entwickler, der Hersteller, der Programmierer oder der Nutzer. 

Pflegebereich

Im Pflegebereich werden Roboter von Forschern beispielsweise als Gefährten autistischer Kinder als vielversprechend gesehen. Intelligente Häuser, die auf medizinische oder andere Bedürfnisse der Einwohner eingehen können, könnten wiederum die Betreuung älterer Personen erleichtern. Hier warnt die RAEng etwa davor, dass das zu ungewollter Isolation führen könnte. Auch stelle sich die Frage, ob Pfleglinge die Technologien verstehen und ihrer Nutzung sinnvoll zustimmen könnten.

Empfehlungen der Akademie

"Unsere rechtlichen Strukturen und unser ethisches Denken stecken noch im Zeitalter der Automation - sie müssen aufholen, ehe unsere Sicherheit und Lebensqualität von autonomen Systemen profitieren kann", meint Academy-Fellow Chris Elliott. Daher empfiehlt die Royal Academy of Engineering beispielsweise, frühzeitig ältere Personen zu konsultieren, um deren Erwartungen und Befürchtungen rund um neue Technologien zu verstehen, damit diese schon in der Entwicklungsphase berücksichtigt werden können.

Einschätzung

"Der Report gibt einen guten und umfassenden Überblick vor allem zu den juristischen
Problemen autonomer Systeme sowie zu einigen damit verbundenen ethischen", urteilt Mathias Gutmann, Professor für Technikphilosophie an der Universität Karlsruhe. Der Fokus liege auf anwendungsnahen Systemen im Feld des Verkehrs und der medizinischen sowie der pflegerischen Techniken. Ziel sei die Erkundung der Möglichkeiten der Implementierung solcher Techniken und der "richtigen" Entgegnungen auf ethischem Gebiet, so der Experte.

"Es bleiben dabei aber grundsätzliche methodologische und anthropologische Fragen nach dem Verständnis von Autonomie, der Transformation des Autonomie- und Subjektbegriffes sowie der Veränderung der conditio humana ausgeblendet, sodass die möglichen Folgen der Implementierung im wesentlichen als Problem der technischen Beherrschbarkeit thematisiert werden", gibt Gutmann zu bedenken. Die Gefahren solcher Einschränkungen und Engführungen hätten die Debatten um Großtechniken der letzten vierzig Jahre deutlich gemacht. (pte/red)